Kai Häfner waren die vielen Glückwünsche und Lobeshymnen nach seinem Gala-Auftritt beim EM-Auftaktsieg der deutschen Handballer gegen Belarus fast schon ein wenig unangenehm.
«Wenn man so ein Spiel macht, kriegt man natürlich deutlich mehr Nachrichten als nach einem schlechten Spiel. Das gehört dazu in diesem Business», sagte der Rückraumspieler am Tag nach dem Sieg: «Das darf man nicht hochkochen. Ich bin jetzt auch ein paar Jährchen dabei und weiß, dass das morgen schon wieder anders aussehen kann und dann wird anders über einen gesprochen.»
Das hofft natürlich niemand in der DHB-Auswahl, die einen Häfner in Topform auch in der zweiten EM-Vorrundenpartie gegen Österreich an diesem Sonntag (18.00 Uhr/ARD) gut gebrauchen kann. «Es ist sehr wichtig, dass wir mit Kai einen haben, der in dieser Mannschaftsreform jetzt eine neue Rolle angenommen hat und voranmarschiert», betonte DHB-Sportvorstand Axel Kromer.
Damit war nach einer schwachen Bundesliga-Spielzeit 2020/21 mit der MT Melsungen und den verkorksten Olympischen Spielen mit der Nationalmannschaft im vergangenen Sommer nicht unbedingt zu rechnen. Zumal Häfner in dieser Saison – auch wegen einiger Beschwerden – Anlaufzeit benötigte. Als Bundestrainer Alfred Gislason im November den personellen Umbruch einleitete, war der Europameister von 2016 nicht dabei. «Er hat in dieser Zeit eine Therapie wegen seines Schienbeins gemacht», berichtete Gislason.
Es läuft rund bei Häfner
Jetzt läuft es richtig rund bei Häfner. Schon bei der siegreichen EM-Generalprobe gegen Frankreich war der 32-Jährige mit acht Toren bester deutscher Werfer. Gegen Belarus kam er auf die gleiche Quote und setzte darüber hinaus oftmals seine Mitspieler gekonnt ein. Das brachte sogar Gislason zum Schwärmen. «Kai hat in meinen Augen absolut überragend gespielt. Nicht nur seine Anzahl an Toren, sondern auch die Anzahl seiner Assists waren sehr stark. Das war das wahrscheinlich beste Spiel was ich jemals von ihm gesehen habe – und ich habe einige Spiele gesehen», sagte der sonst eher zurückhaltende Isländer fast schon euphorisch.
Auch Kromer war vom Auftritt des verheirateten Familienvaters begeistert: «Was Kai gezeigt hat im Angriff, auch an Ruhe, die er ausgestrahlt hat, das war allererste Sahne.» Häfner selbst konnte die Elogen gut einordnen. «Ich habe es einige Male auch schon in die andere Richtung erfahren dürfen. Von daher war das jetzt mal angenehm», sagte er schmunzelnd.
«Blüht jetzt richtig auf»
Dass er seine Offensivstärken momentan voll ausspielen kann, liegt auch einem taktisch klugen Schachzug des Bundestrainers. Der stellt Häfner in der Abwehr jetzt regelmäßig auf Außen, wo die Deckungsarbeit nicht so intensiv ist. «Das hilft mir natürlich, denn da kann man sich schon ein wenig mehr ausruhen», sagte Häfner. Die Drecksarbeit verrichtet für ihn Christoph Steinert. «Kai blüht jetzt richtig auf», konstatierte Gislason.
Das freut nicht nur den Bundestrainer und die Mannschaft, sondern auch die Familie in der Heimat. «Mein Kleiner (eineinhalb Jahre alt/Anm. d. Redaktion) durfte wach bleiben. Er hat sogar ein Trikot bekommen, das er nicht mehr ausziehen mag», berichtete der stolze Papa. So wird es wahrscheinlich auch am Sonntag beim Österreich-Spiel sein. «Ich hoffe, dass wir da die nächsten zwei Punkte einfahren», sagte Häfner.