Die letzten Instagram-Bilder von Tim Lobinger zeigen den einst muskelbepackten Weltklasse-Sportler zart und schmal, den früheren Lockenkopf meist mit Kappe oder Mütze bedeckt.
Auf dem allerletzten Foto ist ein blauer Pulli mit einem Schriftzug seines jüngsten Sohnes Okkert, ein Herz und das Wort «Papa» zu sehen. Darunter häufen sich seit dem Tod des früheren Stabhochspringers und Leichtathletik-Stars die Trauerbekundungen. «Nun fliegt deine Seele», schrieb ein Fan.
Der Krebs-Tod des 50-Jährigen hat große Betroffenheit ausgelöst in der Leichtathletik, im ganzen deutschen Sport – auch bei einem der bekanntesten aktuellen Fußball-Nationalspieler.
«Es ist nicht einfach in Worte zu fassen, was du für mich warst und bleibst. Ich habe dich mehr bewundert als jeden anderen», schrieb Joshua Kimmich auf Instagram. Lobinger war Kimmichs Personal Coach, die beiden haben sich 2013 bei RB Leipzig kennengelernt, wo Lobinger als Athletiktrainer tätig war. Später setzten sie ihre Arbeit in München fort.
«Immer zu dir aufgesehen»
«Ich habe immer zu dir aufgesehen, weil du in allen Bereichen des Lebens eine Inspiration und ein Vorbild für mich bist. Du warst und bleibst mein Antrieb, mein Motor und meine Motivation», ergänzte der Bayern-Profi. «Jede einzelne Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit lässt mich nicht nur lächeln, sondern macht mich von ganzem Herzen glücklich. Ich bin dir unendlich dankbar für alles. Deine Werte werden mich immer prägen und begleiten. Du wirst immer da sein.»
Lobinger war nicht nur viele Jahre Kapitän der Leichtathletik-Nationalmannschaft bei internationalen Wettkämpfen, sondern auch Athletensprecher beim DLV. «Ich habe den Tim von klein auf erlebt, wir hatten immer ein Verständnis füreinander», sagte sein langjähriger Kollege Dieter Baumann, 5000-Meter-Olympiasieger von 1992, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist ein großer Verlust, er war ein großartiger Kollege und super Typ, immer positiv.»
«Sooo traurig. R.I.P lieber Tim», schrieb die ehemalige Speerwurf-Weltmeisterin Christina Obergföll. Von Ex-Hochspringerin Ariane Friedrich heißt es: «Verdammt! Ich habe dir noch so viele tolle Tage und Momente gewünscht und nun bist du schon gegangen. Viel zu früh lieber Tim.»
Langer Kampf gegen Leukämie
Der zuletzt in München lebende Lobinger hatte jahrelang gegen Leukämie gekämpft, doch weder Chemotherapien noch eine Stammzelltransplantation halfen. Im vergangenen Herbst sagte er der «Bild»-Zeitung: «Heilung wird es bei mir nicht mehr geben. Mein Krebs ist zu aggressiv.» In der verbreiteten Stellungnahme der Familie heißt es: «Die ehemalige Stabhochsprung-Legende ist im engen Kreise friedlich eingeschlafen, er hat den Kampf nicht verloren, sondern auf seine Weise gewonnen.»
Der vielfache deutsche Meister hinterlässt drei Kinder, sein älterer Sohn Lex-Tyger ist Fußballprofi beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern. Ende vergangenen Jahres hatte seine Tochter Fee ein Mädchen zur Welt gebracht. «Jung Opa zu werden, habe ich mir immer gewünscht», sagte er erst kürzlich dem Magazin «Bunte».
«Jetzt hast Du keine Schmerzen mehr», schrieb die Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt. Der langjährige deutsche Leichtathletik-Verbandspräsident Clemens Prokop würdigte Lobinger als «Sonnyboy des Sports». Lobinger habe «eine große Empathie für die Interessen anderer gezeigt. Aber wir hatten selbst bei schwierigen Verhandlungen unseren Spaß», sagte Prokop über den früheren Athleten des ASV Köln, von Bayer Leverkusen und der LG Stadtwerke München. «Er war unbequem, genoss aber bei allen sehr, sehr hohen Respekt.»
Als erster Deutscher über sechs Meter
Lobinger war 1997 der erste deutsche Stabhochspringer, der im Freien die Sechs-Meter-Marke überwand, und 2003 Hallen-Weltmeister. Eine Medaille bei Olympia blieb ihm verwehrt. «Er war alles andere als der glatt geschliffene Athlet», sagte Prokop über den meinungsstarken Sportler, er auch die Show in seinem spektakulären Sport beherrschte.
Lobinger legte sich mit jedem an – wenn es sein musste. Bei Weltcup-Finale 2003 in Monaco stritt er mit dem Kampfgericht und zeigte später nach seinem Sieg gar seinen nackten Hintern. Dafür gab’s natürlich eine Geldstrafe vom Weltverband IAAF. «R.I.P. Tim, du bist dir immer treu geblieben. Ich hätte mir gewünscht, du hättest dem scheiß Krebs den nackten Hintern gezeigt. Mach es gut alter Freund», schrieb nun der frühere Sprinter Marc Blume.