Ein Ritterschlag von Darts-Legende Phil Taylor, Vergleiche mit Fußball-Superstar Lionel Messi und ein Siegerscheck von 500.000 Pfund in Aussicht: Manchmal muss Luke Littler in diesen WM-Tagen von London selbst schwindlig werden. Gerade, weil der Engländer diesen gigantischen Hype als Jugendlicher im Alter von 16 durchlebt.
«Er ist der beste Teenager, den ich je in meinem Leben gesehen habe», sagte Taylor. Der Profi mit dem Spitznamen «The Power», selbst 16 Mal Darts-Weltmeister, berät die Teenie-Sensation auf dem Weg nach ganz oben. Damit könnte es nun tatsächlich recht schnell gehen.
Duell mit van Barneveld herbeigesehnt
Nach souveränen Siegen über den Niederländer Christian Kist (3:0), Englands Andrew Gilding (3:1) und Matt Campbell aus Kanada (4:1) steht Littler gleich bei seinem Debüt im WM-Achtelfinale. Am Samstag könnte es zum Duell mit der niederländischen Legende Raymond van Barneveld kommen, wenn dieser vorher Jim Williams (Wales) besiegt. «Jim spielt gut, aber es wäre unglaublich, gegen Barney auf dieser Bühne zu spielen», sagte Littler.
Die beiden Protagonisten trennen nicht nur fünf WM-Titel, sondern auch 40 Lebensjahre. Van Barneveld (56), schon vor Jahrzehnten Taylors großer Rivale, könnte tatsächlich Littlers Opa sein. Was die Verehrung durch das Publikum im Alexandra Palace angeht, ist der englische Teenie derzeit aber ganz klar die Nummer eins. Die rund 3000 Fans widmen Littler bereits die «Wonderland»-Gesänge, die früher Taylor vorbehalten waren. Immer wieder ertönt zudem lautstark der Sprechgesang: «You go to school in the morning» (Du gehst morgens zur Schule).
Ein Hype wie bei Fallon Sherrock
Littler, der den martialischen Spitznamen «The Nuke» (Die Atombombe) führt, wirkte nach dem nächsten Coup auf der größten Darts-Bühne der Welt einigermaßen perplex. «Ich habe nichts mehr zu verlieren, weil ich schon jetzt die Erwartungen übertroffen habe», sagte Littler, der auf viele deutlich älter wirkt als 16.
Zu gewinnen hat er dafür jede Menge, nämlich die umgerechnet knapp 600.000 Euro für den Sieger, die berühmte Sid-Waddell-Trophy und eine Story für die Sport-Geschichtsbücher. Die Buchmacher sehen ihn als ernsthaften Anwärter auf den Titel. Schon der erste Erfolg wurde in England gefeiert wie zuletzt die Siegpremiere von Fallon Sherrock, die im Dezember 2019 als erste Frau bei der WM zwei Männer besiegte. Da war der Hype aber schnell beendet, bei Littler nimmt er derzeit immer weiter Fahrt auf.
«Er spielt phänomenal», sagte van Barneveld über Littler, der bei seinem ersten WM-Spiel einen Rekord für den höchsten Durchschnitt eines Debütanten aufstellte. Auch Ex-Champion Rob Cross ist voll des Lobes über den Youngster, der den anderen Engländern um Titelverteidiger Michael Smith derzeit mehr als nur ein bisschen die Show stiehlt. «Er bringt frischen Wind rein und meistert alles mit Bravour», sagte Cross. Experte Wayne Mardle hatte in Bezug auf Littlers Leichtigkeit Parallelen mit Fußball-Weltmeister Messi in dessen jungen Jahren gezogen.
Schon mit neun Jahren regelmäßig in der Kneipe
Littler ist eine echte Marke. Mit 18 Monaten und in Windeln soll er bereits erste magnetische Pfeile geworfen haben. In den sozialen Medien werden deshalb bereits spaßige Bildchen geteilt, wie der Engländer als Embryo im Bauch seiner Mutter erste Einheiten absolviert habe. Im Alter von neun Jahren ging er nach eigenen Angaben mehrere Male die Woche mit in die Kneipe und lernte weiter dazu.
Auch das britische Liedgut ist ihm geläufig. Als neulich in einer Spielpause «Rockin’ All Over the World» von Status Quo aus den Boxen erklang, sang Littler lautstark mit und warf dabei ganz locker ein paar Übungspfeile. Sein Gegner Gilding (53 Jahre) war da bereits hinter der Bühne verschwunden, um sich vom verlorenen ersten Satz gegen das Darts-Wunderkind zu erholen.