Märtens und die Wut nach verfehltem Podest

Lukas Märtens war nach einem Freistil-Krimi mit deutschem Rekord wütend.

«Ich bin wütend auf mich selbst», sagte Märtens zu seinem fünften Platz über 800 Meter Freistil in grandiosen 7:39,48 Minuten. «Ich will da niemanden verprügeln von meinen Konkurrenten. Das haben alle verdient», ergänzte er mit Blick auf die Freude der Medaillengewinner in einem der spannendsten Rennen dieser WM.

750 Meter lag Märtens auf Podestkurs, führte sogar immer wieder. Am Ende räumten Sieger Ahmed Hafnaoui aus Tunesien, der Australier Samuel Short und der drittplatzierte Bobby Finke aus den USA Edelmetall ab. Hafnaoui feierte mit angespannten Muskeln vor seinen Fans, Märtens hing enttäuscht über der Leine.

«Nach der letzten Wende gingen Sachen in meinem Kopf und in meinem ganzen Körper vor, die kann ich gar nicht erklären», sagte er am Mittwoch. «Da war einfach Leere.» Der 21-Jährige, der 15 Hundertstelsekunden schneller war als Teamkollege Florian Wellbrock bei seiner nationalen Bestmarke im vergangenen Jahr, ergänzte: «Ich kann mir eigentlich nichts vorwerfen – nur, dass mir auf den letzten 50 Metern die Reserven ausgingen.»

«Habe noch ein paar Chancen in meinem Leben»

Trotz der verpassten Medaille zeigte Märtens, dass mit ihm in Zukunft im Kampf um die begehrtesten Plätze auch auf der zweitlängsten Beckendistanz zu rechnen sein wird. «Ich habe noch ein paar Chancen in meinem Leben», sagte er. Seine größten Erfolge hat er bislang über die halbe Strecke gezeigt. Über 400 Meter Freistil war er als Vizeweltmeister nach Fukuoka gereist und hatte dort am Sonntag Bronze gewonnen.

Bei Märtens‘ rasantem 800-Meter-Rennen wollte eigentlich auch Wellbrock um die Medaillen schwimmen. Stattdessen zog er rund eine Stunde vor dem Finale Trainingsbahnen im Wettkampfbecken und feuerte seinen Kumpel dann von der Tribüne hinter den Startblöcken aus an.

Der Olympiasieger, der in Fukuoka schon zweimal Gold im Freiwasser gewonnen hat, war völlig überraschend schon im Vorlauf gescheitert. Wellbrock will nun in der Nacht von Freitag auf Samstag (MESZ) über 1500 Meter wieder angreifen – wie auch Märtens. Auf der längsten Beckendistanz wurde der 25 Jahre alte Wellbrock 2019 schon einmal Weltmeister – auch damals war er zuvor über 800 Meter im Vorlauf ausgeschieden.

O’Callaghan mit Weltrekord

Für Spektakel sorgten am vierten Tag der Beckenwettbewerbe in der Marine Messe nicht nur Märtens und seine Konkurrenten. Die Australierin Mollie O’Callaghan unterbot im Finale über 200 Meter Freistil in 1:52,85 Minuten den 14 Jahre alten Weltrekord der Italienerin Federica Pellegrini um 13 Hundertstelsekunden. Der Franzose Léon Marchand freute sich über 200 Meter Schmetterling über sein zweites Gold bei dieser WM. Am Sonntag hatte er US-Schwimmlegende Michael Phelps über 400 Meter Lagen in 4:02,50 Minuten dessen letzten Einzel-Weltrekord abgejagt. Phelps nahm auch diesmal wieder die Siegerehrung vor.

Packend war zudem das Finale über 50 Meter Brust. Lucas Matzerath verfehlte eine Medaillen-Überraschung und wurde beim Sieg des Chinesen Qin Haiyang Sechster. 15 Hundertstelsekunden fehlten dem 23-Jährigen am Ende zu Bronze. Rund 50 Minuten später sprang Matzerath erneut ins Wasser. In der 4×100 Meter Lagen-Mixed-Staffel belegte er gemeinsam mit Ole Braunschweig, Angelina Köhler und Nele Schulze den achten Rang.

Die ursprünglich als Brustschwimmerin eingeplante Anna Elendt verzichtete auf einen Start. Die 21-Jährige war am Montag völlig überraschend im Vorlauf über 100 Meter Brust gescheitert. Auch über 200 Meter tritt sie nicht an. Elendt will sich auf die Starts über 50 Meter und mit der 4×100 Meter Lagen-Staffel der Frauen konzentrieren, in der es um die Qualifikation für die Olympischen Spiele im kommenden Sommer in Paris geht.

Von Thomas Eßer und Gerald Fritsche, dpa