Magath kokettiert mit den Klischees: Mit harter Hand retten

Einen Medizinball hatte Felix Magath nicht unter dem Arm. Ansonsten erfüllte der zum neuen Retter von Hertha BSC erkorene Rekord-Trainer aber so ziemlich alle Klischees, die man mit seinem Namen verbindet.

Mit der für ihn typischen harten Hand soll der einst als «Quälix» und «Schleifer» zu Bundesliga-Ehren gekommene Coach die Berliner vor dem drohenden Absturz in die Zweitklassigkeit bewahren.

Trainer fordert Disziplin

«Disziplin gehört nun mal zum Sport, das kann ich nicht ändern, das habe ich nicht erfunden», sagte der 68-Jährige bei seiner Vorstellung in der Hertha-Geschäftsstelle. Disziplin fordere er in den kommenden Wochen nicht für sich oder sein «Glücksgefühl», sondern für Hertha BSC, meinte Magath nach seinem überraschenden Comeback auf der Bundesliga-Bühne nach fast zehn Jahren.

Magath war einfach Magath. Seine Absenz im deutschen Spitzenfußball hat ihn kein bisschen verändert. Klare Worte, aber immer auch eine Prise Witz und Selbstironie, ob der erwartbaren Fragen zu seinem oft umstrittenen Trainings- und Führungsstil – und natürlich zu seinem mittlerweile fortgeschrittenen Alter. Er bringe ja in dem Schotten Mark Fotheringham (38) einen jungen Mann als Co-Trainer mit, der etwas näher dran sei, an der aktuellen Spielergeneration.

Fast schien es als spiele Magath auf dem Pressepodium einfach eine Magath-Rolle, weil er genau weiß, dass ihn die Hertha in Person des mittlerweile auch nicht mehr sakrosankt betrachteten Managers Fredi Bobic genau dafür geholt hat. Ein «Schönheitsfleck», um nicht zu sagen das größte Problem, sei, dass er an seinem Premierentag nicht gleich mit der Mannschaft trainieren könne, da die ja nun mal länger geplant frei habe. Am Dienstag werde er dann aber richtig loslegen. Bis dahin dürften sich die Spieler zur mentalen Vorbereitung gerne bei Rechtsverteidiger Peter Pekarik erkundigen, den er vor zehn Jahren schon in Wolfsburg trainierte.

Magath: «Es geht nur um Hertha BSC»

Kuschelkurs und Rückzugsecken wird es nicht mehr geben, das machte auch Bobic klar. Gleich in seinem Eingangsstatement warnte Magath vor weiteren Streitigkeiten und Konflikten im und außerhalb des allgemein als schwer trainierbar eingestuften Kaders. «Ich hoffe, es ist allen klar, es geht hier in den nächsten Wochen um Hertha BSC, nicht um Felix Magath oder Fredi Bobic. Es geht darum, dass der Club, in der Situation ist, in der er breite Unterstützung braucht, die Spieler Unterstützung brauchen», sagte der 68-Jährige.

Zuletzt hatte es neben der sportlichen Talfahrt auf Platz 17 mit fünf Niederlagen in Serie und ohne Sieg im Jahr 2022 bei der Hertha auch öffentlich ausgetragene Dispute und Meinungsverschiedenheiten gegeben – bis hinauf zum Präsidium und Millionen-Investor Lars Windhorst.

Bobic bezeichnete Magath als Wunschlösung für die Nachfolge des als zu soft empfundenen Tayfun Korkut. Nach dem 0:2 in Mönchengladbach habe man die Situation so analysiert, «dass wir jetzt noch mal alles auf Null stellen müssen. Dafür brauchten wir einen Fußballtrainer mit viel Erfahrung, eine starke Persönlichkeit, jemanden der sich einsetzt für Disziplin, eine klare, harte Hand zu zeigen und das auch im Umgang mit den Spielern einfordert. Dafür steht Felix Magath», sagte Bobic. Mit dem Gedanken, Magath zu holen, habe er schon länger gespielt.

Acht Spiele um Abstieg abzuwenden

Die Mannschaft habe auf ihn zuletzt einen «etwas unkoordinierten» Eindruck gemacht, sagte Magath, der in Berlin seinen achten Bundesliga-Club betreut und damit mit den Rekordhaltern Otto Rehhagel und Jörg Berger gleichzieht. Das war natürlich eine bewusste Untertreibung der offenkundigen Defizite. Für seine genauen Pläne zum erhofften sportlichen Aufschwung müsse er aber noch die Spieler besser kennen lernen.

Das erste Spiel unter Magath steht am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen die TSG 1899 Hoffenheim an. Bis zum Saisonende folgen sieben weitere Partien und eventuell noch zwei Relegationsspiele. Einen längeren Verbleib in Berlin habe er nicht geplant, betonte Magath, der im Herzen der Hauptstadt bis Mitte Mai im Hotel wohnen wird.

Der einstige Meistercoach des FC Bayern München und des VfL Wolfsburg gestand, dass das Comeback auch für ihn überraschend sei. «An und für sich wollte ich in der Bundesliga nicht mehr als Trainer arbeiten. Auf der anderen Seite bezeichne ich mich als Sportler, als Fußballer. Ich habe mein Leben lang fast nichts anderes gemacht. Ich kann gar nicht anders. Ich bin Fußballer, ich will Fußball. Ich bin in der Lage, mich Situationen anzupassen», sagte Magath. Das wird er bei der Hertha auch müssen.

Von Arne Richter und David Langenbein, dpa