Match seines Lebens: Darts-Profi Hempel verblüfft bei WM

So ein Weihnachtsfest hat Florian Hempel noch nie erlebt.

Nach seinem famosen WM-Coup gegen Belgiens Starspieler Dimitri van den Bergh wird Deutschlands neue Darts-Hoffnung die Feiertage im Spielerhotel in London verbringen – und danach die Attacke auf eine ganz große Überraschung beim wichtigsten Turnier der Welt starten. «Ich werde mich auf mein nächstes Spiel vorbereiten. Ich habe keine großen Pläne, aber es wird ein großartiges Weihnachtsfest», kündigte der 31-Jährige aus Köln an.

25.000 Pfund (rund 29.500 Euro) hat der ehemalige Handballer durch den Drittrundeneinzug sicher. Noch wichtiger: Nachdem er van den Bergh als Nummer fünf der Welt besiegt hat, scheint sein Weg offen – sogar bis in ein mögliches Viertelfinale, das bisher noch kein Deutscher bei der WM erreicht hat. Experte René Eidams ordnete am TV-Mikrofon ein: «Weihnachten ist ja jedes Jahr.» Für derart große Darts-Chancen bei der WM gilt das wohl nicht.

Seele schmerzt

Für Hempel ist der Umstand, das Fest der Liebe wegen strenger Quarantäne-Regeln auf der Insel verbringen zu müssen, nicht einfach. «Ja, das tut mir in der Seele weh. Aber es ist nun mal mein Job, und ich wusste, worauf ich mich einlasse», sagte der Deutsche, dessen überraschender Sieg über Mitfavorit van den Bergh auch international beachtet wurde, bei Sport1.

Die Seele schmerzt, doch das Sportlerherz dürfte angesichts dieser Geschichte begeistert sein. Am 27. Dezember (16.00 Uhr/Sport1 und DAZN) geht es nun gegen den australischen Außenseiter Raymond Smith, gegen den Hempel ein weiterer Sieg zuzutrauen ist. Smith hatte am Dienstagabend deutlich gegen Devon Petersen aus Südafrika gewonnen.

«Wir sind bei einer Weltmeisterschaft, hier gibt es keine Freilose mehr. Die Jungs können auch Darts spielen. Am Ende wird wie immer die Tagesform entscheiden», erklärte Hempel bei DAZN. In seinem ersten richtigen Jahr als Darts-Profi sorgt der frühere Handball-Torwart für Höhepunkt um Höhepunkt. Bei der EM besiegte er Ex-Weltmeister Peter Wright aus Schottland, nun auch bei der WM einen Weltklassespieler. «Respekt Flo! Mega gezockt», schrieb Landsmann Max Hopp, der in der Weltrangliste nun hinter Hempel zurückgefallen ist.

Beeindruckende Nervenstärke

Die Coolness, mit der WM-Debütant Hempel auf der riesigen Bühne im Alexandra Palace agierte, beeindruckte besonders. Neun seiner zwölf Würfe auf Doppel verwandelte der deutsche Außenseiter. Gemessen daran, dass Hempel vor vier Jahren auf einer Acht-Euro-Scheibe in einer WG hobbymäßig mit dem Darts-Sport begann, ist das ein furioser Aufstieg. Seine derzeitige Gefühlswelt? «Das glaubt mir kein Mensch», sagte Hempel und lachte.

Mit dem Coup wurden auch Erinnerungen an das Vorjahr wach, als Gabriel Clemens mit einem Sieg über Wright das Achtelfinale erreichte und damit deutsche Darts-Geschichte schrieb. Hempel hofft nun darauf, dass sein Kumpel Clemens am Donnerstagabend (21.00 Uhr) ebenfalls den Sprung in die dritte Runde schafft, damit sie gemeinsam Weihnachten in London verbringen und sich auf den nächsten Schritt nach den Feiertagen vorbereiten können.

Um die Quarantäne in der Heimat werden sie im Anschluss nicht herumkommen, Großbritannien ist zum Virusvariantengebiet erklärt worden. Für Hempel ist das jetzt erstmal Nebensache, er lebt seinen WM-Traum. Schafft er in London tatsächlich die Riesensensation und wird Weltmeister, erwartet ihn zudem eine Überraschung in der Heimat: Peter Brings, Sänger der Kölschrock-Band Brings, hat angekündigt, in diesem Fall bei Hempel vorbeizukommen und ihm dessen Einlaufsong «Kölsche Jung» persönlich vorzusingen.

Von Patrick Reichardt, dpa