«Messi-like»: Musiala will einfach nur Jamal sein

Jamal Musiala lachte und scherzte – und immer wieder gab’s kleine Neckereien und Frotzeleien mit Nebenmann Niklas Süle. So heiter und unbeschwert wie am Montag bei den verbalen Doppelpässen des Nationalspieler-Duos geht es auf dem DFB-Podium kurz vor dem WM-Ernstfall höchst selten zu.

Und vor allem beim Teenie-Star Musiala können Deutschlands Fußballfans nur hoffen, dass er diese erfrischende Unbekümmertheit auch in den protzigen WM-Stadien nicht plötzlich verliert. Das weiß er selbst am besten.

«Es ist wichtig, die Lockerheit mitzubringen, nicht zu viel Druck auf uns zu tun. Einfach ein bisschen Spaß haben, dann läuft das schon», sagte der 19-Jährige vor dem ersten Spiel am Mittwoch (14.00 Uhr/ARD und MagentaTV) in Doha gegen Japan. Leicht gesagt. Schließlich startet der Youngster mit dem Rucksack des großen deutschen Hoffnungsträger in das Turnier. Auch Bundestrainer Hansi Flick sagt: «Jamal hat das gewisse Etwas.»

Erinnerungen an den WM-Titel

2014 war es der damals 22-jährige Mario Götze, der Deutschland im WM-Finale von Rio gegen Argentinien zum vierten Titelgewinn schoss. Der elfjährige Jamal Musiala saß damals als Zuschauer daheim in England auf der heimischen Couch vor dem Fernseher. «Das Tor von Mario zu schauen, war eine gute Erfahrung», sagt er acht Jahre später. Sitznachbar Süle hörte genau zu und mochte Jamal, den «lockeren Typen», ganz bewusst nicht zu sehr loben, auch wenn er «keine Angst» verspüre, dass dieser «abhebt».

Musiala könnte in Katar Deutschlands neuer Super-Zehner werden. Flick hat aber noch nicht verraten, wie er die Offensive formiert. Aber alle rechnen mit Musiala zentral. Dass er sich die Rolle zutraut, ist gewiss, auch wenn er sich in der Pressekonferenz diplomatisch bescheiden äußerte. «Wir haben viel Qualität auf den offensiven Positionen. Ich kann mich überall positionieren. Am Ende ist es eine Tages-Trainerentscheidung, wo einer spielt. Ich glaube, es gibt viele Spieler, die Zehner spielen können», sagte er.

Führt überhaupt ein Weg an dem formstarken Youngster vorbei? Im letzten Spiel vor der WM, beim Bayern-Sieg auf Schalke, erreichten die Hymnen auf den 19-Jährigen den nächsten Höhepunkt. «Er ist schon ein geschliffener Diamant», sagte Manuel Neuer, im Verein und in der Nationalelf Musialas Kollege. Er sei «ein Schlüsselspieler, einer, der den Unterschied macht». In ein noch höheres Ruhmes-Regal griff Rekordnationalspieler Lothar Matthäus als TV-Experte: «Das ist Zauberei, das ist Messi-like.»

Damit hat Matthäus, Deutschlands bislang einziger Weltfußballer, eine größtmögliche Vergleichsgröße herangezogen: Lionel Messi, der siebenmalige Weltfußballer, der mit 35 Jahren letztmals die WM-Bühne betritt. Und Musiala, der sie in Katar erstmals besteigt. Und wie wieder verlässt? Als Weltmeister? Als Jungstar des Turniers? Oder gar als bestaunter Star der Weltmesse des Fußballsports? Sind das nicht zu große Erwartungen, die auf Musislas schmale Schultern gepackt werden?

Fokus auf sich selbst

Musiala antwortete klug. «Ich glaube, Vergleiche mit Messi sind immer wie eine Ehre. Messi spielt aber schon sein ganzes Leben auf einem Top-Level. Ich glaube, egal welchen Spieler man mit Messi vergleicht, das ist schon ein bisschen schwer», sagte er und schloss: «Ich fokussiere mich auf mich selbst, was ich besser machen kann als Jamal.»

Wenn Hansi Flick über Musiala spricht, dann erzählt er gerne die Geschichte von Hermann Gerland (68), der während seiner Cheftrainerzeit beim FC Bayern sein Assistent war und den er in Katar seinem DFB-Trainerstab hinzugefügt hat. «Es war ganz lustig. Hermann hat damals gesagt: Du Hansi, wir haben einen am Nachwuchs-Campus, der ist richtig gut. Und ich habe gesagt: Bring‘ ihn mal vorbei, dann schauen wir uns den an. Jamal hat mittrainiert. Und wir haben direkt gesehen, das ist ein absolutes Talent. Und die Entwicklung, die Jamal seitdem gemacht hat, ist fantastisch.»

Flick machte Musiala in München mit 17 zum Bundesligaspieler. Und er könnte nun in Katar von allen Talenten des Youngsters profitieren, die Gerland schon entdeckt hatte, als sie noch im jungenhaften Jamal schlummerten. «Jamal weiß sich in engen Räumen zu behaupten. Er ist dribbelstark. Er kann Situationen lösen, die uns in einen Vorteil bringen. Er hat einen guten Abschluss. Und er ist auch in der Defensive sehr geschickt», zählte der Bundestrainer auf. Und Flick fügte hinzu: «Ich bin sehr froh, dass er für Deutschland spielt.» Denn Musiala hätte sich auch für Englands Nationalmannschaft entscheiden können, tat es aber mit 18 nicht.

Zehn Minuten, verteilt auf zwei Kurzeinsätze gegen Ungarn und England, gab Joachim Löw dem Turnierdebütanten Musiala vor einem Jahr bei der Europameisterschaft. Musiala war das «Bambi», das alle beschützten. 17 Monate später schickt er sich an, in der deutschen Offensive ein Platzhirsch zu werden, um im Bild zu bleiben. «Wir gehen alle mit dem Mindset ins Turnier, dass wir den Titel gewinnen können», sagte Musiala. Übrigens: Der Beste in der deutschen Mannschaft sei er auch schon, erzählte der Youngster lachend. Da war allerdings gerade die Rede vom besten Basketballer im Team.

Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa