Mit Buchmanns Hilfe: Hindley stürmt ins Gelbe Trikot

Zwischen den wolkenverhangenen Pyrenäen lagen sich Emanuel Buchmann und Jai Hindley im Zielbereich von Laruns in den Armen und feierten einen denkwürdigen Coup.

«Das ist unglaublich. Es war überhaupt nicht der Plan und plötzlich haben wir einen Etappensieg und das Gelbe Trikot. Das ist verrückt», sagte der deutsche Meister. Beim ersten Spektakel im Hochgebirge bejubelte er mit Platz vier seine Rückkehr in die Weltspitze und ebnete für seinen siegreichen Kapitän Hindley den Weg ins Gelbe Trikot.

Nicht Superstar Tadej Pogacar, der einen überraschenden Einbruch erlebte, sondern die beiden Kletterspezialisten vom deutschen Bora-hansgrohe-Rennstall gehörten am Mittwoch zu den Hauptdarstellern auf der fünften Etappe von Pau nach Laruns über 162,7 Kilometer. Dank der starken Unterstützung von Buchmann war für den Australier Hindley der Weg frei zum Etappensieg, womit er auch das Gelbe Trikot vom Briten Adam Yates übernahm. «Das Ergebnis ist einfach perfekt. Jai war superstark, er hat verdient gewonnen», sagte Buchmann.

Hindley siegt vor Ciccone und Gall

Hindley holte sich im Alleingang den Sieg vor dem Italiener Giulio Ciccone und dem Österreicher Felix Gall. «Der Etappensieg und das Gelbe Trikot noch obendrauf, das ist unglaublich. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich war schon beim Giro d’Italia erfolgreich, aber das ist nochmal etwas anderes», sagte der Giro-Champion von 2022.

Einen schweren Dämpfer kassierte unterdessen der zweimalige Tour-Champion Tadej Pogacar, der vom fünftplatzierten Titelverteidiger Jonas Vingegaard am letzten Anstieg düpiert wurde und mehr als eine Minute auf den Dänen verlor. Erinnerungen an die Tour 2022 wurden wach, als der Slowene auf den langen Anstiegen ebenfalls Vingegaard nicht Paroli bieten konnte. «Es ist noch nicht vorbei», sagte ein trotziger Pogacar, der 2020 in Laruns noch seine erste Tour-Etappe gewonnen hatte.

Dafür glückte dem Bora-Rennstall ein echter Coup. Mit drei Fahrern war das Team in einer hochkarätig besetzten Ausreißergruppe vertreten. Der Plan ging voll auf. Der deutsche Meister Buchmann begleitete Hindley über den 1540 Meter hohen Col de Soudet und leistete auch große Hilfe an den Rampen des Col de Marie Blanque, ehe Hindley den Job vollendete. «Das war riesig von Emu. Er hat mentale Stärke und Präsenz gezeigt», lobte Bora-Sportchef Rolf Aldag.

Buchmann rückt in Klassement vor

Für die Mannschaft von Teamchef Ralph Denk war es erst das zweite Gelbe Trikot. Erstmals hatte Ex-Weltmeister Peter Sagan 2018 die Raublinger Mannschaft für einen Tag an die Spitze katapultiert.

Der Parforceritt zahlte sich für Buchmann aus. Der gebürtige Ravensburger, der 2019 sogar den vierten Gesamtrang belegt hatte, rückte wieder auf den vierten Platz im Klassement vor. 1:11 Minuten liegt er hinter Hindley, Gesamtzweiter ist schon wieder Vingegaard (+0:47). «Damit hatten wir vor der Etappe nicht gerechnet», versicherte Buchmann.

Der Startschuss in Pau war kaum erfolgt, da ging es auch gleich zur Sache. Insbesondere Alleskönner Wout van Aert drückte mächtig auf das Tempo und sprengte das Hauptfeld. Pogacar und sein UAE-Team hatten die Aktion unterschätzt und mussten für den Rest der Etappe hinterherfahren und viel Arbeit leisten.

Sprinter müssen leiden

Die Haupt-Leidtragenden des Höllentempos waren die Sprinter, die früh abreißen lassen mussten. Vor allem der niederländische Sprintstar Fabio Jakobsen, mit Sturzverletzungen vom Vortag eh schon angeschlagen, hatte schwer zu kämpfen. Auch für die deutsche Sprint-Überraschung Phil Bauhaus ging es auf der ersten Tour-Etappen im Hochgebirge seiner Karriere nur darum, in der Karenzzeit zu bleiben.

Bauhaus hatte bei den ersten beiden Massenankünften der Tour mit Platz zwei und drei überrascht. Für seinen Sprint am Dienstag war er aber nachträglich bestraft worden: 50 Punkte Abzug im Kampf um das Grüne Trikot, eine Zeitstrafe von 30 Sekunden und 500 Schweizer Franken kosteten den Bocholter eine Rempelei im Sprintfinale. Bauhaus dürfte die Strafe verschmerzen können.

Am Donnerstag geht für die Sprinter das Leiden in den Pyrenäen weiter, wenn die erste Bergankunft auf dem Programm steht. Am Ende der sechsten Etappe über 144,9 Kilometer wartet der Anstieg nach Cauterets-Cambasque, einem Berg der ersten Kategorie. Davor geht es zudem über den Col d’Aspin und den legendären Col du Tourmalet in 2115 Metern Höhe.

Stefan Tabeling und Tom Bachmann, dpa