Die dürren Jahre des englischen Fußballs sind vorbei. Nach knapp zwei Jahrzehnten mit Pleiten, Pannen und Spott hat Gareth Southgate die Generation um Anführer Harry Kane wieder in die Weltspitze geführt.
Als gereifter Favorit starten die Three Lions am Sonntag (20.00 Uhr) in Al-Chaur gegen Senegal in die K.o.-Runde der WM in Katar. Dort kann es nach Platz vier bei der WM in Russland 2018 und dem Finaleinzug bei der EM 2021 nur noch ein Ziel geben: den WM-Titel. England scheint für die erste ganz große Trophäe seit 1966 reif wie lange nicht.
«Wir wollen den Fans die Trophäe als Weihnachtsgeschenk mitbringen», sagte Stammspieler Declan Rice nach der Vorrunde, die England mit sieben Punkten und 9:2-Toren souverän und als einer der wenigen Titelanwärter ohne große Schrammen überstand. Bevor es ins verregnete vorweihnachtliche England zurückgeht, wollen Kane und Co. aber gerne noch mindestens zwei Wochen in ihrem gemütlichen Basecamp in Al-Wakra – südlich von Doha – bleiben. Billardtische und Darts-Scheiben sowie seit Donnerstag auch Weihnachtsdeko zieren die Anlage, auf der sich die Engländer richtig fühlen.
Der Teamgeist ist gut
Auf dem Weg ins angestrebte Endspiel am 18. Dezember in Lusail soll Senegal nur eine Zwischenstation werden. Im Vergleich zu 2018, als England bereits zwölf Jahre auf einen Sieg in einem großen K.o.-Spiel wartete, wirkt das Southgate-Team nun viel weiter. «Es ist eine andere Mentalität als in Russland, wir glauben mehr daran. In Russland haben wir immer darüber nachgedacht, ob wir ein K.o.-Spiel gewinnen können. Wir haben größere Erfahrung jetzt. Wir sind sehr erfreut, dass wir so stehen wie wir stehen. Der Teamgeist ist gut, die meisten sind fit», sagte der Cheftrainer.
Aktuell sei man rundum zufrieden, meinte Southgate: «Aber das große WM-Geschäft beginnt jetzt.» Die schwierigste Aufgabe des 52-Jährigen ist derzeit, seinen Luxus in der Offensive zu verwalten. Der noch torlose Kapitän Kane ist als Führungsfigur und Spielmacher gesetzt, dahinter drängen zahlreiche Spieler in die erste Elf. Für Bukayo Saka, Mason Mount, Raheem Sterling, Phil Foden und Dreifach-Torschütze Marcus Rashford gibt es nur drei Plätze – es wird davon ausgegangen, dass die zuletzt so starken Foden und Rashford beim eher konservativ aufstellenden Southgate wieder draußen sitzen könnten.
«Wir fühlen uns gut vor der K.o.-Phase»
«Du willst solche Entscheidungen treffen», sagte Southgate. Die Qualität in Englands Mittelfeld und Angriff ist so hoch, dass sich selbst BVB-Star Jude Bellingham seines Stammplatzes nicht sicher sein kann. Es sei gut, dass man einen tiefen Kader habe. «Wir wissen nicht, wann wir diese Tiefe brauchen. Verschiedene Gegner erfordern verschiedene Qualitäten», sagte Southgate.
Die gute Laune bei den Three Lions ist augenscheinlich. Kane, immerhin Torschützenkönig bei der WM 2018, ist noch torlos, erfreut sich aber an seiner neuen Rolle und den starken Auftritten des von ihm angeführten Teams. «Der K.o.-Fußball kommt jetzt, es wird ein hartes Spiel gegen Senegal. Aber wir fühlen uns gut vor der K.o.-Phase», sagte Kane. Selbst der als Problemfall ausgemachte Harry Maguire ist plötzlich wieder verlässlich und stabil. Neben England gab es kein weiteres Team, das sowohl 2018 als auch 2021 im Halbfinale stand. Das ist auch diesmal das Minimalziel, möglicher Viertelfinalgegner ist Weltmeister Frankreich.
Mittelfeldmann Rice erwartet aber, dass der Afrikameister im großen Al-Bait Stadion in der Wüste am Sonntagabend eine härtere Aufgabe wird als die bisherigen Gegner Iran, USA und Wales. «Jetzt steht eine größere Prüfung für uns an. Wenn wir nicht gewinnen, fahren wir nach Hause. Ich denke, es ist der härteste Test bisher. Sie haben wirklich gute Einzelspieler», sagte Rice. Doch während England selbst in Bestbesetzung antreten kann, muss Außenseiter Senegal den Ausfall seines Ausnahmespielers Sadio Mané kompensieren.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
England: 1 Pickford – 12 Trippier, 5 Stones, 6 Maguire, 3 Shaw – 22 Bellingham, 4 Rice – 17 Saka, 19 Mount, 10 Sterling – 9 Kane
Senegal: 16 Edouard Mendy – 21 Sabaly, 3 Koulibaly, 22 Diallo, 14 Jakobs – 26 Pape Gueye, 5 Idrissa Gueye, 11 Pathé Ciss – 13 Ndiaye, 9 Dia, 18 Ismaila Sarr
Schiedsrichter: noch nicht bekannt