Mit Ronaldos Hilfe: Saudi-Arabiens Weg zur Sport-Großmacht

Cristiano Ronaldos Lobgesang auf Saudi-Arabiens Fußball dürfte Kronprinz Mohammed bin Salman süß in den Ohren geklungen haben. «Sehr konkurrenzfähig» sei die saudische Pro League, «so stolz» sei er auf den Wechsel ins Königreich, beteuerte der fünfmalige Weltfußballer bei seiner pompösen Präsentation als Neuzugang des Al-Nassr FC.

Fürstlich bezahlt erfüllte Ronaldo gleich bei Dienstantritt die ihm zugedachte Rolle als PR-Botschafter für Saudi-Arabien, das sich als Sport-Großmacht im Stile Katars etablieren will.

Land positioniert sich im Sport

«Unsere Liga, unsere Nation und die kommenden Generationen» werde der Superstar inspirieren, tönte Al-Nassr. Für den «Kicker» indes ist der Transfer des 37-Jährigen «der vielleicht größte je gesehene Sportswashing-Coup abseits der WM in Katar». Abgelenkt werden solle von massiven Menschenrechtsverletzungen, warnen Kritiker immer wieder. Der Coup mit dem noch immer schillernden Portugiesen ist die bislang spektakulärste Etappe einer Strategie, die der saudische Kronprinz mit Wucht verfolgt.

Formel-1-Rennen, Box-Weltmeisterschaften, eine eigene Golf-Serie, 2029 die Asien-Winterspiele – seit Jahren positioniert sich Saudi-Arabien als Ausrichter großer Sportveranstaltungen und baut seinen Einfluss auf der internationalen Sportbühne aus. Der Fußball nimmt dabei zunehmend die Hauptrolle ein, für 2030 bringt sich das Königreich als WM-Gastgeber in Position.

Schon 2021 übernahm der öffentliche Investmentfonds des Königreichs den Premier-League-Club Newcastle United. Saudi-Arabiens Sportminister hofft darauf, dass auch die zum Verkauf stehenden Manchester United und FC Liverpool in die Hände von saudischen Investoren übergehen.

FIFA-Chef Gianni Infantino pflegt gute Kontakte nach Riad. 2021 trat er in einem saudischen Werbevideo auf und lobte die Entwicklung des Landes. Saudi-Arabien soll auch hinter dem Milliarden-Deal um die Rechte an neuen Wettbewerben und weiteren Rechten gesteckt haben, den Infantino vor einigen Jahren – letztlich erfolglos – zu forcieren versuchte. 

Weitere Stars könnten Ronaldo folgen

Dem saudischen Königshaus war es in den vergangenen Jahren ein Dorn im Auge, dass ausgerechnet Katar dem großen Nachbarn in der internationalen Sportpolitik den Rang abgelaufen hat. Mit dem Ronaldo-Deal, der wohl mindestens eine halbe Milliarde Euro an Gehalt und Bonuszahlungen kostet, sieht nun Saudi-Arabien seine Zeit gekommen. «Jedes Land wäre sehr gerne Ausrichter der Weltmeisterschaft», sagte der saudische Sportminister Abdulasis bin Turki al-Faisal unlängst der BBC. Im Gespräch ist eine gemeinsame Bewerbung mit Ägypten und Griechenland.

Fußball ist in Saudi-Arabien Nationalsport. Die Fankultur kann es mit anderen Ländern aufnehmen. Ronaldo soll mit seiner Strahlkraft nun noch viel mehr Blicke auf die Liga des Landes ziehen. «Ich bin überzeugt, dass er mit seiner Aura einiges bewegen kann», sagte Ex-Nationalspieler Erich Beer der Deutschen Presse-Agentur. Weitere Stars könnten Ronaldo und dem Lockruf des Geldes folgen, glaubt der 76-Jährige, der von 1979 bis 1981 für Al-Ittahad Dschidda spielte. 

«Diejenigen, die mich dafür kritisieren, hierher zu kommen, wissen es nicht, sie verstehen Fußball nicht. Ihre Kritik ist mir auch egal, es ist meine Entscheidung», sagte Ronaldo, der zuletzt Manchester United im Unfrieden den Rücken gekehrt hatte.

Saudi-Arabien zwischen Tradition und Wandel

Menschenrechtler sind durch die Anstrengungen des Königreichs längst alarmiert. Gegner der Regierung werden in Saudi-Arabien mit aller Härte verfolgt. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt, Alkohol und Homosexualität streng verboten. Die US-Geheimdienste machen den Kronprinzen auch für den brutalen Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul verantwortlich. 

Allerdings hat sich das konservative Königreich in den vergangenen Jahren gesellschaftlich geöffnet, vor allem die Rechte der Frauen wurden gestärkt. Auch für die Jugend und die Frauen wolle er künftig eine Inspiration sein, versicherte Ronaldo bei seinem ersten Auftritt im neuen Trikot. 

Auch Freundin Georgina Rodriguez setzte ein Zeichen. Bei der Empfangszeremonie auf dem Spielfeld trug sie eine Abaja, was ihr viel Lob der saudischen Medien einbrachte. Frauen in Saudi-Arabien ziehen dieses lange, schwarze Gewand in der Öffentlichkeit üblicherweise über ihrer Kleidung an. Rodriguez respektiere die Traditionen des Königreichs, hieß es in einem Zeitungsbericht. Auch diese Geste dürfte Ronaldos neuen Herren sehr gefallen haben.

Christian Hollmann und Cindy Riechau, dpa