Nach Haller-Schock: Die schwere BVB-Rückkehr zur Normalität

Die Rückkehr zur Normalität fällt allen Beteiligten sichtlich schwer. Auch am zweiten Tag nach der erschreckenden Nachricht über die Tumor-Erkrankung von Sébastien Haller herrscht im Trainingslager von Borussia Dortmund noch immer gedrückte Stimmung.

Trainer Edin Terzic ist deshalb nicht nur in taktischer, sondern auch in psychologischer Hinsicht gefordert. «Es ist ein schmaler Grat. Auf der einen Seite bin ich ein Mensch und total schockiert. Auf der anderen Seite bin ich Anführer dieser Gruppe», kommentierte der Fußball-Lehrer. «Von nächster Woche an wird keiner mehr Rücksicht nehmen. Dann geht es nur noch um Leistung und Ergebnisse.»

Bis zum ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal am 29. Juli beim Drittligisten 1860 München bleibt nur noch wenig Zeit, das Geschehen zu verarbeiten. Die Sorge vor einem holprigen Saisonstart kann Hans-Joachim Watzke nicht verbergen. «So eine schlimme Nachricht, jemanden aus Deinem engsten Kreis betreffend, beeinflusst natürlich das ganze Trainingslager», sagte der BVB-Geschäftsführer der Deutschen Presse-Agentur.

Watzke: Nicht in «Hektik und Aktionismus verfallen»

Noch spricht niemand in der Vereinsführung offen darüber, ob der drohende längere Ausfall des 28 Jahre alten Angreifers eine Nachbesserung des Kaders erfordert. Solche Gedankenspiele hält Watzke für verfrüht: «Jetzt in Hektik und Aktionismus zu verfallen, ist aus meiner Sicht moralisch-ethisch ein Problem. Wir dürfen nicht über die Gesundheit eines Spielers spekulieren, bevor es glasklare Diagnosen gibt. Und bis es soweit ist, werden noch einige Tage vergehen.»

Eigentlich waren die Personalplanungen in der Offensive bereits abgeschlossen. In Haller schien der passende Ersatz für Torgarant Erling Haaland gefunden, der zu Manchester City gewechselt ist. Nun stellt sich die Frage, ob die drohende Lücke mit Spielern aus den eigenen Reihen wie Youssoufa Moukoko, Donyell Malen und Thorgan Hazard geschlossen werden soll. Oder ob die Ausleihe eines erfahrenen Zentralstürmers für eine Saison weiterhelfen könnte.

«Wir werden uns auf alles vorbereiten», kommentierte Terzic. Wie Watzke verwies auch der Coach auf noch anstehende Untersuchungen bei Haller, die nähere Erkenntnisse über die Schwere der Erkrankung bringen sollen: «Wir wissen doch gar nicht genau, wie lang genau die Ausfallzeit sein wird.»

Spekulationen um Suárez

Dennoch ließen erste Medienspekulationen, wer Haller ersetzen könnte, nicht lange auf sich warten. Laut Sky wurde dem BVB der zurzeit vereinslose und 35 Jahre alte Luis Suárez angeboten. Der uruguayische Nationalspieler, der zuletzt für Atlético Madrid stürmte, ist derzeit vertragslos und würde deshalb ins Profil passen.

Anders als noch 24 Stunden zuvor ging es am Mittwoch bei der morgendlichen Trainingseinheit vor der malerischen Kulisse der Schweizer Berge wieder deutlich lebhafter zur Sache: «Es ist nicht leicht für uns, den Weg zu finden, wieder über Taktik nachzudenken, über Pressing und über Passspiel», bekannte Terzic. Gleichwohl erinnerte der Nachfolger von Marco Rose seine Profis an den nahen Ernstfall: «Wir werden in dieser Woche noch ein paar Dinge umsetzen auch mit dem Testspiel am Freitag gegen Villarreal. Wir müssen diese Phase einfach nutzen, um uns auf die gesamte Saison vorzubereiten.»

Von Heinz Büse, dpa