Der Corona-Fall des Radprofis Simon Geschke ist für das deutsche Olympia-Team eine Warnung, aber kein Grund zur Verunsicherung.
«Ich habe bei den Athleten keine gesteigerte Angst nach diesem Vorfall wahrgenommen», sagte der Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig bei einer Pressekonferenz in Tokio. Alle im Team D seien erleichtert, dass der Fall außerhalb des olympischen Dorfes in einem Außenquartier in einer kleinen Gruppe passiert sei.
«Für das deutsche Team ist es eine Erinnerung, dass wir weiter sehr achtsam sein müssen und nicht nachlässig werden dürfen, dass wir das auch bis zum Ende der Spiele durchhalten», sagte er. Schimmelpfennig betonte aber auch: «Wir werden weitere Fälle nicht gänzlich ausschließen können, aber die Wahrscheinlichkeit minimieren.»
Kaul: Mahnung aufzupassen
Für Niklas Kaul ist der Geschke-Fall eine Mahnung, auch im olympischen Dorf darauf aufzupassen, mit wem man sich treffe und sich zusammen aufhalte, sagte der Zehnkampf-Weltmeister der Deutschen Presse-Agentur auf seinem Flug nach Tokio. Der Fall zeige, «dass so eine Blase nicht immer komplett funktioniert».
Unterdessen ist der 35-jährige Geschke am Samstag in Tokio in ein Quarantäne-Hotel eingezogen. Wie Bernd Wolfarth, Chefmediziner des deutschen Olympia-Teams, am Samstag mitteilte, muss der gebürtige Berliner nach den geltenden Regeln dort bis zu zehn Tage bleiben. Geschkes Zimmerkollege im Außenquartier nahe der Strecke am Mount Fuji, Emanuel Buchmann, war negativ getestet worden und konnte am Samstag am olympischen Rennen über 234 Kilometer teilnehmen, erreichte aber nur den 29. Platz. Die Aufregung und die Strapazen vor dem Start hatten ihn sichtbar aus dem Tritt gebracht.
Nach dem positiven Test von Geschke war Buchmann um fünf Uhr des Renntages zum PCR-Test nach Tokio gefahren und drei Stunden später zum Startort zurückgebracht worden. «Man muss kein Fachmann sein, um zu wissen, was das für einen Sportler bedeutet», sagte Wolfarth. Der PCR-Test in den Morgenstunden musste gemacht werden, da in so einem Fall sechs Stunden vor einem Wettkampf ein negativer Test vorgelegt werde muss. «In dieser Situation galt ganz klar Safty First», betonte Wolfarth.
Buchmann in Selbstisolation
Der 28-jährige gebürtige Ravensburger musste sich nach dem Rennen als enge Kontaktperson von Geschke in eine zehntägige Selbstisolation im Hotelzimmer begeben und darf nur dort das Essen einnehmen. Allerdings kann Buchmann das Hotel zum Training und im Falle eines weiteren Olympia-Starts verlassen.
Der DOSB werde nach Auskunft von Wolfarth nun prüfen, ob und wie Geschke und Buchmann so schnell wie möglich in die Heimat zurückkehren können – möglicherweise mit einem Privatflugzeug. «Die Ausreise und Einreise nach Deutschland muss auch mit den zuständigen Behörden geklärt werden», sagte Wolfarth. «Wie es weitergeht, ist im Detail noch nicht klar.» Das solle binnen 24 Stunden passieren.
Reisetage kritisch
Nur mutmaßen kann der Abteilungsleiter für Sportmedizin in der Berliner Charité, wann, wie und wo sich der geimpfte Geschke infiziert haben könnte. «In der Konstellation, wie wir sie bei Simon haben, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass es nicht in Japan passiert ist», sagte Wolfahrt. Der Radprofi sei am vergangenen Dienstag von Paris angereist und zwei Tage später positiv getestet worden. «Kritisch sind Reisetage, die hatte er von der Tour de France kommend und mit dem Flug hierher genug», sagte der Mediziner.
Dass Geschke trotz Impfung einen positiven Befund gehabt habe, gebe es relativ selten. «In Deutschland sind davon rund 6000 Menschen von etwa 40 Millionen Geimpften betroffen. Das sind wenige Durchbrecher», sagte Wolfahrt. Für Geschke sei die Test-Nachricht «ein großer Schock» gewesen, sagte der Radsportler dem ZDF. «Ich habe den ganzen Tag gedacht, dass der positive Test ein Fehler ist.»