Nach Tokio-Pleite: Vetter schafft keine Olympiasieger-Weite

Johannes Vetter ist nach der Speerwurf-Pleite bei den Tokio-Spielen den Beweis schuldig geblieben, der wahre Olympiasieger zu sein.

Nach dem bitteren Ausrutscher konnte der Ex-Weltmeister beim Werfer-Meeting daheim in Offenburg mit einer Siegerweite von 86,17 Metern nicht wirklich glänzen. Damit hätte er zwar acht Tage zuvor bei den Sommerspielen die Bronzemedaille gewonnen, nicht aber das erträumte und fest anvisierte Gold. «Das ist eine solide Leistung, um Tokio etwas besser einzuordnen», meinte Ex-Weltmeister.

«Die Wut trägt man in sich»

Der 28-Jährige hatte seinem eigenen Anspruch, olympisches Gold in Tokio zu holen, nicht gerecht werden können. Nach 90-Meter-Würfen in Serie in den Monaten vor den Sommerspielen überstand er knapp die Qualifikation für das Medaillenfinale und wurde am Ende mit 82,52 Metern nur Neunter. Grund für das Scheitern war die Anlaufbahn im Olympiastadion. Der neuartige Hightech-Belag hatte durch einen mit Luftbläschen durchsetzten Unterbau nicht die Härte, die ein kräftiger Werfer wie Vetter benötigt.

Der Olympia-Vierte von 2016 fühlte sich in Tokio deshalb verschaukelt und hatte deshalb auch bei seinem ersten Auftritt noch etwas Wut im Bauch. «Die Wut trägt man in sich, aber es kommt beim Speerwerfen darauf an, ruhig zu bleiben, damit die Technik passt», erklärte er. «Die Wut hebe ich mir an anderen Stellen auf, um den Sachen, die in Tokio passiert sind, entgegen zu steuern und zu verändern.» Vetter will sich dafür einsetzen, dass die Bedingungen für Werfer und besonders der Belag weltweit standardisiert werden: «Man muss Lösungen finden.»

Um es der Welt so schnell wie möglich zu zeigen, wer wirklich der derzeit beste Speerwerfer ist, hätte er gern gleich in Offenburg einen großen Wurf rausgehauen. «Ich denke, er hat das schon im Kopf gehabt, über 90 Meter zu werfen», meinte die frühere Weltklassewerferin Christina Obergföll als Co-Kommentatorin des SWR. «Er wird den Kopf aber definitiv nicht hängen lassen.»

«Immer der Johannes, den die Leute kennen»

Dies bestätigte auch Vetter selbst. «Es fällt mir nicht schwer, genügend Energie und Motivation aufzubringen – egal, wie weit ich aufsteige oder wie tief ich falle», sagte er. «Ich bin immer der Johannes, den die Leute kennen.»

Nach seinem glanzlosen Auftritt wollte Vetter nichts von Wiedergutmachung und Rehabilitierung hören. «Ich bin nicht wegen Genugtuung da und muss niemandem mehr etwas beweisen», betonte der gebürtige Dresdner. «Die Leute wissen, was ich drauf habe, und das ist eine ganze Menge.» Dazu gehört die zweitbeste jemals mit dem Speer erreichte Weite von 97,96 Metern, die weltbeste Weite in diesem Jahr von 96,29 Metern und insgesamt mehr als 25 Würfe über 90 Meter.

Diese Ausnahmestellung unter den Speerwerfern will er in den fünf noch ausstehenden Wettbewerben, darunter die Diamond-League-Meetings in Lausanne (26.8.), Paris (28.8.) und Zürich (8./9.9.), untermauern. «Da möchte ganz vorne dabei sein und den Leuten zeigen, dass ich der beste Speerwerfer bin», sagte Vetter. Und wenn dabei 90-Meter-Würfe gelingen könnten, würde er sie mit «mit Kusshand» annehmen.

Von Ewald Walker und Andreas Schirmer, dpa