Matchwinner Dennis Schröder nahm seinen Sohn Junior an die Hand und schlenderte glücklich durch die Arena von Okinawa. Deutschlands Basketball-Anführer genoss den großen WM-Sieg seiner Mannschaft über Mitfavorit Australien und widmete diesen direkt dem verletzt fehlenden Teamkollegen.
«Das war natürlich für Franz», sagte Schröder über Wagner, dessen Ausfall der Kapitän mit einer 30-Punkte-Leistung bestens kompensierte. Während Schröder beim 85:82-Krimi seinen Teamkollegen Maodo Lo als wertvollsten Akteur sah, hoben die Mitspieler unisono ihren Kapitän hervor.
DBB-Auswahl vorzeitig Gruppensieger
Der 98:88-Erfolg von Gastgeber Japan im Anschluss führte dazu, dass die Deutschen nach zwei Spieltagen vorzeitig als Gruppensieger feststehen und sicher in der Zwischenrunde antreten. Spieltermine sind Freitag und Sonntag, einer der Gegner dürfte dann auch Slowenien mit dem überragenden Luka Doncic sein.
Doch auch das deutsche Team hat einen potenziellen Star dieses Turniers. «Dennis war unglaublich. Wie er sich die vergangenen Jahre entwickelt hat, ist unglaublich. Er spielt auf einen so hohen Niveau und das über so viele Minuten. Er ist unser klarer Leader», sagte Johannes Thiemann nach dem bedeutenden Erfolg, der Deutschland einen riesigen Schritt Richtung Endrunde in Manila bringt. Lo (20 Punkte) und Kämpfer Thiemann wuchsen in Abwesenheit von Jungstar Wagner über sich hinaus, doch zur Schlüsselfigur wurde mal wieder Schröder. «Er war der Killer heute», sagte Lo über den phasenweise wie entfesselt aufspielenden Aufbau.
Herbert: «Dennis war außergewöhnlich»
Auch die Basketball-Legende Dirk Nowitzki war unter den 6205 Zuschauern und klatschte begeistert. Der heute 45-Jährige war der letzte Deutsche, der im Nationalteam derart auftrumpfte und das Team alleine trug. Ein Jahr nach EM-Bronze in Berlin scheint für Deutschland ein weiterer Medaillencoup auch bei der WM denkbar. Und das liegt vor allem am 29 Jahre alten Schröder. Moritz Wagner sagte: «Wir würdigen Dennis als deutsches Basketball-Land nicht genug. Der Typ wird jedes Jahr besser, spielt fast 40 Minuten, spielt gegen die besten Verteidiger der Welt, wird getrippelt und gedoppelt. Er gewinnt uns das Spiel.»
Nach dem packenden Sieg über den Olympia-Dritten um die NBA-Profis Patty Mills und Josh Giddey herzten sich die Profis noch auf dem Parkett. Von Schröder und Co. fiel eine riesige Last ab. «Ich habe jetzt den Abend frei, da feiere ich den Geburtstag meines Bruders und am Dienstag spielen wir gegen Finnland. Alles andere juckt mich erst einmal nicht», fasste Moritz Wagner zusammen. Sein Bruder Franz musste seinen 22. Geburtstag wegen seiner Knöchelverletzung im schwarzen Trainingsanzug auf der Bank verbringen. Grund zu feiern gab es nach 40 packenden Minuten dann aber auch für ihn. Von den Teamkollegen gab es nach der Partie in der Kabine ein Geburtstagsständchen.
Am Dienstag (9.30 Uhr/Magentasport) soll gegen Finnland die Vorrunde perfekt abgeschlossen und ein weiterer großer Schritt Richtung Philippinen, wo alle Spiele ab dem Viertelfinale stattfinden, gemacht werden. Wagner trug am Sonntag noch einen Geh-Stiefel, sein Einsatz ist daher auch gegen die Finnen um NBA-Star Lauri Markkanen fraglich.
Umso wichtiger dürfte es sein, dass Schröder nicht nachlässt. «Dennis hat eine überragende individuelle Leistung innerhalb einer starken Teamleistung gezeigt. Er war außergewöhnlich», lobte Nationalcoach Gordon Herbert seinen Kapitän. Trotz des so wichtigen Erfolgs blieb der Kanadier aber allgemein noch zurückhaltend. «Es sind erst zwei Siege. Wir sind noch nicht qualifiziert. Wir werden es heute genießen und dann geht es gegen Finnland.»
Starker Endspurt sorgt für erhofften Traumstart
An Wagners Stelle hatte der athletische Isaac Bonga begonnen – und seine Sache gut gemacht. «So ein Spiel musst Du über 40 Minuten durchhalten. Ohne Franz mussten andere einspringen, das haben wir geschafft», sagte Bonga, der mit Schulterproblemen kurzzeitig pausieren musste, dann aber aufs Feld zurückkam. «Es war ein großartiger Teamsieg ohne Franz. Isaac und Niels Giffey haben sich richtig gesteigert», sagte Herbert.
18 Punkte und fünf Vorlagen hatte Schröder bereits zur Halbzeit verbucht, doch nicht nur das: Er verteidigte auch stark und zog mit großem Einsatz Offensivfouls. Aus der zweiten Reihe brachten Bonga und der wochenlang schwächelnde Lo jeweils Punkte und Energie. So blieb das Spiel lange offen.
Dass Australien in der Breite besser aufgestellt ist, machte sich nach der Pause bemerkbar. Weil bei Deutschland Daniel Theis und Moritz Wagner nicht ihren besten Tag erwischten, lief immer mehr über Alleinunterhalter Schröder, der dem australischen Kollektiv alles entgegenwarf. Im dritten Viertel ging Australien in Führung, doch Deutschland schlug zurück. Am Ende reichte es dank eines starken Endspurts für den erhofften Traumstart. «Wir haben gut angefangen und gut aufgehört», sagte Herbert. Er hob die Auftritte von Schröder und Lo als «ausgezeichnete Einzelleistungen» hervor.