Das Ende seiner aktiven Laufbahn hat Eric Frenzel nicht nur für berufliche Veränderungen genutzt. Für eine Haartransplantation flog Deutschlands bester Nordischer Kombinierer der Geschichte in die Türkei.
«Ich freue mich sehr, was die neue Zeit mit etwas mehr Haaren auf dem Kopf bringen wird», sagte er anschließend in einem Werbevideo. Was den Job angeht, bringt sie viel Vertrautes – allerdings aus einem völlig neuen Blickwinkel und mit ganz neuen Herausforderungen.
Nach einer langen Karriere hat sich der dreifache Familienvater nicht etwa eine ruhige Aufgabe in der Heimat gesucht. Als Nationalcoach reist Frenzel weiter um die Welt. Den männlichen Rekordmedaillengewinner bei nordischen Ski-Weltmeisterschaften lässt sein bedrohter Sport nicht los.
Das Trainer-Gen hatte er in gewisser Weise bereits als Athlet. «Er war schon immer der Anführer bei uns im Team», sagt Olympiasieger Vinzenz Geiger über seinen bisherigen Mannschaftskollegen. Bei seinen Schützlingen, die im vergangenen Winter noch Kollegen waren und mit denen er um Weltcup-Punkte und WM-Medaillen kämpfte, kommt der 35-Jährige auch als Coach bestens an. «Nach ein paar Monaten kann man sagen: Es ist richtig gut», berichtet Geiger über seinen neuen Chef.
Komplizierte Kommunikation als Trainer
Auch Frenzel selbst hat Spaß an seiner Aufgabe. Intensiv mit seinem Sport beschäftigt hat er sich schon immer. Mit seinem Vorgänger Hermann Weinbuch verbindet ihn ein enges Vertrauensverhältnis. Von der Trainerlegende hat Frenzel viel gelernt. Dennoch: Der neue Job hält für ihn auch ungeahnte Herausforderungen bereit.
Vor allem das Thema Kommunikation beschäftigt ihn. «Das hätte ich mir etwas einfacher vorgestellt», sagt er und erklärt: «Als Athlet denkt man oft: Das könnte doch alles viel einfacher laufen, man könnte viel öfter reden.» Frenzel ergänzt: «Das geht dann oft als Trainer gar nicht, weil man gewisse Zwänge hat. Weil man auf Bestätigungen wartet, weil man entgegen der Planung nicht auf eine Schanze kann. Bei einer Planänderung alle über ganz Deutschland verteilten Athleten gleich schnell zu informieren, ist gar nicht so einfach.»
Statt hauptsächlich auf sich selbst und seine Leistung zu achten, muss Frenzel jetzt das große Ganze im Blick haben. «Es ist eine komplett andere Aufgabe», sagt er. Seine Familie sei in die Entscheidung für den zeitintensiven Job mit vielen Auslandsaufenthalten eingebunden gewesen. «Ich hätte diesen Posten nicht angenommen, wenn meine Familie irgendwas dagegen gehabt hätte», stellt Frenzel klar.
Eigenwerbung dringend benötigt
Sportlich und trainingsmethodisch soll es unter ihm keine Revolution geben. Frenzel will eher an einzelnen Stellschrauben drehen. Das Thema Leistungsdiagnostik ist ihm wichtig. Eine individuellere Herangehensweise soll dabei helfen, wieder näher an die Norweger um den überragenden Jarl Magnus Riiber heranzukommen. Einen ersten Hinweis darauf, wie das gelingt, wird der Saisonstart der Kombinierer an diesem Freitag im finnischen Ruka liefern.
Dort beginnt der Winter gleich mit einem Novum: Das neue «Individual Compact»-Format, verhindert große Abstände nach dem Skispringen, soll so das anschließende Langlaufrennen spannender machen und die Attraktivität der Kombination insgesamt erhöhen. Der Sport, der von wenigen Nationen dominiert wird, muss weiter um seine olympische Zukunft fürchten. Die Kombination braucht dringend Werbung in eigener Sache.
Frenzel will dazu beitragen. Schon als Athlet hatte er sich Gedanken darüber gemacht, was man gegen das drohende Olympia-Aus für 2030 tun könne. Man müsse schauen, «dass andere Nationen mit Fuß fassen und mit auf das Niveau kommen, auf dem wir sind», hatte er damals gesagt. Als Coach kann er Trainern aus kleineren Kombinations-Ländern nun besser helfen. Wissenstransfer lautet das Schlagwort.
Frenzel und das «Kapperl»
Der deutsche Skisprung-Trainer der Kombinierer, Heinz Kuttin, hebt zudem Frenzels außergewöhnliche Position als «Repräsentant für die Nordische Kombination» hervor. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es wichtig, dass Frenzel dem Sport erhalten bleibt.
Auch Kuttin gefällt die neue Zusammenarbeit mit seinem Ex-Athleten. «Er macht das perfekt, hervorragend», sagt der 52-Jährige. Und noch etwas anderes gefällt ihm. Auf Frenzels Kopf habe man jeden Tag gesehen, «wie es mehr und mehr wird», sagt er mit einem Lächeln und ergänzt: «Wobei er eh jeden Tag das Kapperl aufhat mit dem Sponsor. Aber es ist sehr gut gelungen, finde ich.»