Nummer 1 in schwieriger Zeit: Russe Medwedew im Ranking vorn

Daniil Medwedew, die neue Nummer eins im Welt-Tennis, begann seine Regentschaft mit einer Friedensbotschaft.

Bevor Medwedew am Montag auch ganz offiziell nachlesen konnte, dass er nun die Herren-Weltrangliste anführt, warb der Russe im Namen aller Kinder und ihrer Träume um Frieden in der Welt und zwischen Ländern. Die russische Invasion in der Ukraine erwähnte Medwedew in seiner Botschaft bei Instagram nicht.

Schwierige Zeit für die neue die Nummer 1

Der 26-jährige gebürtige Moskauer hat in einer schwierigen Zeit den Thron erklommen, auf dem über mehr als anderthalb Jahrzehnte vor allem der von ihm abgelöste Serbe Novak Djokovic, der Spanier Rafael Nadal und der Schweizer Roger Federer saßen. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine mehren sich die Beschlüsse und Bemühungen, nicht mehr gegen russische Mannschaften anzutreten und Sportler von Veranstaltungen auszuschließen.

Bisher gibt es im Profi-Tennis keine Forderungen, russische Profis wie Medwedew oder den Weltranglisten-Sechsten Andrej Rubljow zu verbannen. «Wir spielen in so vielen verschiedenen Ländern, ich war als Junior und als Profi in so vielen verschiedenen Ländern. Es ist nicht leicht, all diese Neuigkeiten zu hören», sagte Medwedew vorige Woche beim Turnier in Acapulco. «Hier in Mexiko aufzuwachen und die Nachrichten aus der Heimat zu sehen, war nicht einfach.»

Dritter Russe an der Spitze des Klassements

Nach den ebenfalls mit Grand-Slam-Titeln dekorierten Jewgeni Kafelnikow und Marat Safin ist Medwedew der dritte russische Profi an der Spitze der Weltrangliste und der 27. insgesamt. Zuletzt war es dem britischen Wimbledon- und Olympiasieger Andy Murray im November 2016 gelungen, sich vor Djokovic, Federer und Nadal zu schieben.

Medwedew hatte im vorigen September bei den US Open mit dem Finalsieg gegen Djokovic seinen ersten Triumph bei einem der vier großen Turniere gefeiert. «Er verdient es, die Nummer eins zu sein», sagte Djokovic in der vorigen Woche beim Turnier in Dubai, wo er vorzeitig ausschied. Davor durfte der nicht gegen das Coronavirus geimpfte Serbe, der sagenhafte 361 Wochen lang die Nummer eins war, nicht seinen Titel bei den Australian Open verteidigen und verlor viele Punkte.

Der wie Federer 20 Mal bei Grand-Slam-Turnieren siegreiche 34-Jährige ist nun die Nummer zwei vor dem Hamburger Alexander Zverev. «Natürlich freue ich mich, dass ich die Nummer eins geworden bin. Das war mein Ziel, seit ich jung war und besonders in letzter Zeit», sagte Medwedew.

Unorthodox aussehendes Spiel

Dass er nicht nur in der Statistik der vergangenen 52 Wochen der Beste ist, muss der fast zwei Meter lange Schlaks nun beweisen. Denn der lange unter einer Fußverletzung leidende Nadal rang Medwedew zuletzt im Australian-Open-Endspiel mit einem Kraftakt nieder und holte sich Grand-Slam-Titel Nummer 21. Der 35-Jährige gewann in der vergangenen Woche auch die Neuauflage in Acapulco.

Die Sympathien vieler Fans gehörten beim grandiosen Fünf-Satz-Endspiel in Melbourne Nadal, denn Medwedew hat sich in der Vergangenheit schon hier und da mit dem Publikum angelegt. Sein unorthodox aussehendes Spiel mit der weit ausholenden Vorhand und dem starken Aufschlag eröffnet Medwedew aber alle Chancen, seine Position zu behaupten. Mindestens genauso schwierig aber dürfte es sein, in diesen Zeiten auch als guter Botschafter aufzutreten.

Von Robert Semmler, dpa