Olympia-Wirrwarr von Skicrosserin Maier geht weiter

Die schlechte Nachricht erreichte Skicrosserin Daniela Maier auf der Rückreise aus Russland. Der Sportlerin vom SC Urach droht der nachträgliche Verlust ihrer Olympia-Bronzemedaille.

Die Berufungskommission des Weltverbands Fis hat nach einem Einspruch der viertplatzierten Fanny Smith und des Schweizer Skiverbands entschieden, den Jury-Entscheid beim Finale des Damen-Rennens bei den Winterspielen in China aufzuheben. Smith wird demnach nun auf Rang drei gewertet, Maier als Vierte. Automatisch gleichbedeutend mit dem Verlust der Medaille ist das nicht. Maier muss aber nochmal zittern – und will gegen die Entscheidung vorgehen.

«Ich bin von der neuen Situation ehrlich gesagt überrascht und auch gespannt, was nach dem stattgegebenen Einspruch nun passiert», sagte die 25-Jährige nach ihrer Rückkehr nach Deutschland. Eigentlich wäre sie am Wochenende beim Weltcup in Sunny Valley im Ural im Einsatz gewesen. Infolge der russischen Invasion in die Ukraine wurde Maier zusammen mit ihren Teamkollegen vom Deutschen Skiverband (DSV) aber zurück geholt – und unterwegs über den Fis-Entscheid informiert. «Die Dani hat es mit Fassung aufgenommen», sagte der sportliche Leiter der deutschen Skicrosser, Heli Herdt, der dpa. «Wir werden das definitiv so nicht stehen lassen. Das sind wir ihr schuldig», versicherte er.

«Alle juristischen Mittel prüfen»

Gemeinsam mit dem DSV und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wolle sie nun «alle juristischen Mittel prüfen», sagte Maier selbst. DSV-Präsident Franz Steinle kündigte einen Gang «zum Fis-Court oder gegebenenfalls auch zum internationalen Sportgerichtshof Cas» an. Eine erste Standortbestimmung, ob und wo die juristische Auseinandersetzung fortgeführt wird, könnte es diesen Montag geben. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) teilte mit, dass man die Situation bewerten werde, wenn alle Einsprüche abgeschlossen seien.

Ein mögliches – und auch aus IOC-Sicht vermutlich durchaus charmantes – Szenario wäre, dass eine weitere Bronzemedaille vergeben wird. Auch, wenn der Fall anders gelagert ist als beispielsweise der der Hochspringer Essa Mutaz Barshim aus Katar und Gianmarco Tamberi aus Italien bei den vergangenen Sommerspielen in Tokio. Damals bekamen beide Gold, hatten aber eben auch das gleiche Ergebnis zu Buche stehen. «Die Dani hat diese Medaille verdient. Sie hat sie im Gepäck. Wenn, müsste ihr schon das IOC sie wegnehmen», sagte Herdt.

Emotionale Achterbahnfahrt

Die emotionale Achterbahnfahrt, die Maier schon bei den Spielen selbst erlebt hatte, geht also noch weiter. Die Schweizerin Smith war im Skicross-Finale in Zhangjiakou am 17. Februar zunächst auf dem dritten Platz ins Ziel gekommen, einen Rang vor Maier. Dieser wurde Smith nach einem minutenlangen Videostudium aberkannt. Nach Meinung der Jury hatte die 29-Jährige auf der Zielgeraden ihre Rivalin durch einen Schritt nach links behindert. Die von ihren Gefühlen übermannte Maier wollte die Medaille erst nicht haben, nahm sie dann aber doch.

Laut Fis ist die Berufungskommission seither ganze viermal zusammen getreten und nach stundenlanger Analyse zu der Erkenntnis gekommen, dass der Kontakt zwischen den Athletinnen weder beabsichtigt noch vermeidbar war. Es hätte demnach nur eine Verwarnung gegen Smith ausgesprochen werden dürfen, die aber keine Sanktion zur Folge hat.

«Ich bin natürlich erleichtert über diesen Entscheid», sagte Smith. «Denn ich war stets überzeugt, dass ich keinen Fehler gemacht habe. Gleichzeitig schmerzt es mich aber für Daniela Maier, welche nun die Leidtragende der Situation ist.» Und wieder um Bronze bangen muss.

Von Christoph Lother und Jordan Raza, dpa