Olympiasieger Wellbrock: «Das fühlt sich unglaublich gut an»

Fragen an Florian Wellbrock nach seinem Olympiasieg über zehn Kilometer im Freiwasserschwimmen.

Frage: Erster deutscher Schwimm-Olympiasieger seit 1988 – wie hört sich das an?

Florian Wellbrock: Das ist ein bisschen unwirklich. Ich hatte tatsächlich ein bisschen Frust nach den Pool-Wettkämpfen. Die 800 Meter Kraul liefen nicht ganz so und über die 1500 habe ich vom Amerikaner (Anm.: Sieger Robert Finke) auch einen kleinen Dämpfer bekommen, womit man nicht unbedingt rechnen konnte. Das hat mich jetzt fürs letzte Rennen nochmal extrem motiviert. Ich wusste: Es ist das letzte Rennen. Ich habe die Medaille für den DSV schon geholt, es gibt nicht mehr allzu viel zu verlieren. Deswegen habe ich einfach nochmal alles reingeworfen und wurde heute mit einem recht souveränen Rennen mit Gold belohnt. Das fühlt sich unglaublich gut an.

Frage: Vor dem Rennen hatte der Bundestrainer gesagt, dass Sie eigentlich am Anfang ein bisschen Kraft sparen sollten. Jetzt sind Sie direkt nach vorne gegangen. Haben Sie nicht auf ihn gehört oder war das ein Bluff von Bernd Berkhahn?

Wellbrock: Nein. An sich ist das schon recht sinnvoll, bei so einem Marathon-Rennen Kraft zu sparen. Das habe ich tatsächlich auch gemacht. Ich bin in der ersten Runde um die erste Boje rum, habe mich umgeguckt und gedacht: Jungs, wollt ihr keinen Wettkampf schwimmen heute? Ich glaube, viele waren von der Wassertemperatur recht eingeschüchtert und ich habe beim Training in den letzten Tagen schon gemerkt: So viel wärmer als ein Schwimmbecken fühlt sich das nicht an. Es wird am Anfang für mich kein Problem sein. In der letzten Runde wurde es dann doch relativ warm. Hätte ich 100 Meter mehr schwimmen müssen, als ich dann zum Schluss geschwommen bin, wäre es wahrscheinlich auch recht knapp geworden. Ich habe das letzte Feeding ausgesetzt und dann fehlt natürlich viel Flüssigkeit. Dass ich so gut durchgekommen bin mit meinem Sprint, den ich am Schluss noch angezogen habe, hat mich tatsächlich überrascht.

Frage: Ab wann haben Sie gedacht, das wird Gold?

Wellbrock: Als ich in die letzte Runde gegangen bin, wusste ich: Ich schwimme jetzt hier vorne um eine Medaille mit. Dieses Gefühl „Ich bin gleich Olympiasieger“ kam erst zehn Meter vor Schluss. Ich war mir auf der letzten Gerade nicht sicher: Ist da vielleicht jetzt irgendjemand, den ich in der Hektik übersehe? Das kann immer mal passieren.

Frage: Haben Sie schon mit ihrer Familie oder ihrer Verlobten Sarah Köhler in Deutschland gesprochen?

Wellbrock: Ich habe vorhin schon angerufen. Wir haben kurz gefacetimed. Sarah ist bei meinen Eltern zu Hause. Sie haben zu dritt das Rennen geschaut. Die waren auch ein bisschen baff und wussten nicht so recht, was sie sagen sollten. Mit so einem starken Abschluss haben sie nicht gerechnet.

Frage: Sie lagen am Ende ziemlich ausgepumpt auf dem Pier, haben etwas getrunken und ein Handtuch bekommen. Was ging da in Ihnen vor?

Wellbrock: Ich hatte ein bisschen Probleme mit der Atmung zum Schluss. Ich habe gemerkt, der Körper überhitzt hier langsam. Ich habe direkt nach Wasser gefragt und kaltes Wasser bekommen. Das tat sehr gut, dass man anfangen konnte, den Körper ein bisschen runterzukühlen. Auf der letzten Gerade, wo ich wirklich nochmal alles reingefeuert habe, da heizt der Körper natürlich wahnsinnig auf bei den Temperaturen. Die Sonne hat von oben runtergeballert, da war ich sehr froh, dass ich dann auch ein kaltes nasses Handtuch bekommen habe.

Frage: Was bedeutet Ihnen dieser Sieg und die Medaille, die Sie gerade umhängen haben?

Wellbrock: Das weiß ich noch gar nicht so richtig. Erstmal ist das jetzt ein unglaublich cooles Gefühl, zu sagen, man ist Olympic Champion. Das hat es lange nicht gegeben. Auch, wenn ich mir den Verlauf von den Wettkämpfen angucke, dass ich mich von Mal zu Mal gesteigert habe und immer besser reingekommen bin und immer stärker geworden bin: Das gibt einem so viel Selbstbewusstsein und auch Motivation für die kommenden Jahre. Um das wirklich in richtige Worte zu verpacken, brauche ich noch ein bisschen Abstand.

Aufgezeichnet von Thomas Eßer, dpa