Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye hat die deutsche Sportförderung kritisiert. «Die Realität ist, dass der Olympiasieg nicht mal absichert, dass ich meinen Sport in den nächsten Jahren weiterhin professionell betreiben kann. Eigentlich traurig, oder?», sagte die 26 Jahre alte Leichtathletin in einem Interview des Magazins «Stern». Die Kugelstoßerin hatte im Sommer bei den Spielen in Paris Gold gewonnen.
«Es ist absurd: Während der Sommerspiele dreht sich alles um Medaillen, sie sind offenbar das Einzige, was zählt. Gewinnt man dann Gold, hält sich die Wertschätzung trotzdem in Grenzen», sagte Ogunleye, die – wie alle Gold-Gewinner von Paris – von der Deutschen Sporthilfe 20.000 Euro als Prämie bekommen hatte.
Die Summe, die nach Abzug von Steuern und Abgaben übrig bleibe, «reicht nicht aus, um die strukturellen Probleme zu kompensieren», sagte Ogunleye. «Ich muss um alles kämpfen, um jedes Trainingsgerät, um jeden Medizinball, den ich brauche.»
Aufschrei über Misserfolge – und dann kommt nichts
Die Olympiasiegerin kritisierte zudem den Umgang mit dem Gesamtergebnis des deutschen Teams, das 33 Medaillen und damit so wenig Edelmetall wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung gewonnen hatte. «Eigentlich müsste man darüber lachen, wenn es nicht so frustrierend wäre. Alle vier Jahre ist der Aufschrei groß. Jedes Mal die gleiche Diskussion, jedes Mal folgt nichts daraus, und ein paar Tage nach Olympia ist das Thema wieder vom Tisch», sagte Ogunleye.
Im Land würden zwar mehr Medaillen gewollt. «Aber anscheinend nicht so sehr. Man erwartet Erfolg, aber wirklich bereit, die Sportler an diesen Punkt zu bringen, ist man nicht», sagte Ogunleye, die eine grundlegende Reform fordert. «Im deutschen Sport haben wir kein Förder-, sondern ein Belohnungssystem», sagte Ogunleye. «Wir sollten die Sportler fördern, wenn wir ihr Potenzial erkennen. Und nicht erst dann, wenn sie es längst einlösen.»