Olympische Dörfer ohne Feier eröffnet – Politischer Streit

Unter strengen Vorsichtsmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie sind die olympischen Dörfer für die Winterspiele in Peking offiziell eröffnet worden.

Die Angst der Sportler vor einem positiven Test, die Spannungen zwischen China und den USA sowie Kritik von Menschenrechtlern überschatten gut eine Woche vor der Eröffnung der Spiele die Vorbereitungen. Viele Sportler und andere Teilnehmer reisen mit einem mulmigen Gefühl an.

Zur Eröffnung der Athletendörfer verzichteten die Organisatoren auf eine Zeremonie. Die Spiele sollten wie geplant «schlicht» gehalten werden, sagte ein Sprecher. Auch sollten wegen der Pandemie größere Versammlungen von Menschen vermieden werden. Virusprävention sei «die wichtigste Aufgabe» des Managements in den Dörfern, unterstrich auch der Direktor des Verwaltungsteams, Shen Qianfan.

Für die Winterspiele, die am Freitag kommender Woche eröffnet werden, gibt es drei Olympia-Dörfer an den jeweiligen Wettkampfstätten. Sie verteilen sich auf die Hauptstadt, das 75 Kilometer entfernte Yanqing und das 180 Kilometer vor den Toren Pekings gelegene Zhangjiakou.

Athleten bewegen sich in «Closed Loops»

Die Unterkünfte ähneln wie die Austragungsorte Hochsicherheitszonen. Sportler und Teammitglieder dürfen sich nur in hermetisch «geschlossenen Kreisläufen» (Closed Loops) bewegen – sind damit von ihrem Gastland weitgehend abgeschnitten. Es geht dabei weniger darum, die Olympia-Teilnehmer vor Infektionen von außen zu schützen. Vielmehr soll es verhindern, dass das Virus durch die ausländischen Gäste nach China eingeschleppt wird. Dafür werden sie nicht nur vor Abflug, sondern auch bei Ankunft und dann täglich getestet.

Während die Pandemie anderswo gerade Höhepunkte erreicht, verzeichnet das bevölkerungsreichste Land der Erde nur einige Dutzend Infektionen pro Tag. Am Donnerstag wurden nur 25 lokale Infektionen gemeldet, davon fünf in Peking. Mit strikten Maßnahmen wie Ausgangssperren für Millionen, Massentests, Kontaktverfolgung und Zwangsquarantäne hat China das Virus seit mehr als eineinhalb Jahren weitgehend im Griff. Dafür hat sich China auch weitgehend vom Ausland abgeschottet.

Bedenken wegen der strikten Corona-Regeln hält der Kapitän des deutschen Eishockey-Olympia-Teams, Moritz Müller, aber für überzogen. Gleichwohl äußerte der Silbermedaillengewinner von 2018 auch Furcht vor möglichen falschen positiven Corona-Tests. «Man hat natürlich immer die Sorge, dass ein falsches Ergebnis kommt», räumte der 35-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ein. Müller ist auch ein Kandidat als Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier.

«Mein Verständnis ist aber so, dass es nicht alleine in den Händen der chinesischen Organisatoren liegt, sondern dass es auch noch eine Nachtestung des IOC gibt», sagte Müller. Nach Kritik hatten die chinesischen Organisatoren ihre schärferen Testregeln beim CT-Wert jüngst etwas gelockert. Doch wies ein westlicher Gesundheitsexperte in Peking darauf hin, dass es nicht allein um den CT-Wert gehe, sondern dass Testsysteme im Ausland und in China auch verschieden sein könnten. «Sie müssten miteinander kalibriert sein.»

Eishockey-Kapitän Müller ist aber wenig besorgt. «Zum Umgang mit positiven Tests in China glaube ich, dass die Geschichten drumherum schlimmer sind, als sie es wirklich sind. Das uns vorgelegte Protokoll sagt, dass man normal isoliert wird – so wie in Deutschland ja auch», sagte der Verteidiger der Kölner Haie.

China verbittet sich Einmischung durch USA

Neben der Debatte über die Corona-Regeln verschärften sich so kurz vor den Spielen auch die politischen Kontroversen. In einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken forderte Chinas Außenminister Wang Yi von den USA ein Ende der «Einmischung» in die Winterspiele. China ist verärgert über den politischen Boykott der Spiele durch die US-Regierung, die keine hohen Vertreter zur Eröffnungsfeier entsendet. US-Athleten werden hingegen teilnehmen.

Wegen der schlechten Menschenrechtslage und des Umgangs mit Minderheiten wie Uiguren und Tibetern war der Ruf nach einem Boykott laut geworden. Amnesty International forderte auch, Sportler sollten sich frei zur Menschenrechtslage in China äußern können. «Es darf hier keinerlei Einschränkungen geben», sagte Theresa Bergmann, China-Expertin von Amnesty in Deutschland. «Das Internationale Olympische Komitee ist dafür verantwortlich, dies sicherzustellen.»

Aus Sicht von Amnesty geschehen in China «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» – mit Blick auf Inhaftierung, Verfolgung und Folter. Beispiel sei die Nordwestregion Xinjiang, wo vorwiegend muslimische Uiguren oder Kasachen betroffen seien. «Da geht es vor allem darum, diesen Menschen ihre ethnische und religiöse Identität zu nehmen.» Mindestens eine Million seien seit 2017 ohne rechtliche Grundlage interniert worden. «In den Lagern ist es absolut furchtbar.»

Die Situation sei noch einmal schlimmer als 2015, als Peking zum Austragungsort gewählt worden sei, sagte Wenzel Michalski von Human Rights Watch im Bayerischen Rundfunk. Er beklagte «die totale Unterdrückung der muslimischen Bevölkerung» in Xinjiang und nannte Masseninternierungen, Zwangsarbeit, Zwangssterilisation und Folter.

Von Andreas Landwehr und Carsten Lappe, dpa