«Patrone verschwendet»: Tour-Motorräder bremsen Pogacar

Tadej Pogacar holte sich eine tröstende Umarmung von Freundin Urska Zigart, Jonas Vingegaard drückte nach dem nächsten abgewehrten Angriff auf sein Gelbes Trikot Töchterchen Frida.

Nach der von einem Massensturz überschatteten ersten Alpen-Etappe der 110. Tour de France mit zahlreichen Aufgaben trennen die beiden Kontrahenten in der Gesamtwertung nur zehn Sekunden. Ob es auf dem mit 4.100 Höhenmeter versehenem Weg nach Morzine hätten mehr werden können, bleibt ein Geheimnis. Denn zwei Begleitmotorräder bremsten eine Attacke Pogacars am Col de Joux Plane kurz vor dem Ziel rüde aus.

Pogacar: «Patrone verschwendet»

«Ich wollte noch ein letztes Mal vor dem Pass attackieren. Ich habe alles reingelegt, dann bewegten sich die Motorräder nicht. Ich habe da eine Patrone verschwendet. Aber es ist, wie es ist. Wir werden es wieder versuchen», sagte Pogacar, der in Morzine letztlich Zweiter kurz vor Vingegaard wurde. Den Tagessieg sicherte sich der Spanier Carlos Rodriguez, der in der Gesamtwertung nun Dritter ist. Bora-Kapitän Jai Hindley liegt als Vierter allerdings nur eine Sekunde zurück.

Pogacar attackierte am Joux Plane, brachte eine kleine Lücke zwischen sich und Vingegaard. Doch der Däne erholte sich, fuhr wieder heran. Als Pogacar 500 Meter vor dem Pass wieder antrat, kam er nicht an einem Fotografen- und einem TV-Motorrad vorbei. Oben am Pass überraschte dann Vingegaard seinen Kontrahenten und sicherte sich drei Bonussekunden mehr. Im Ziel holte sich dann Pogacar durch seinen zweiten Platz zwei Sekunden zurück. «Es war ein großer Kampf. Ich bin froh, eine Sekunde dazugewonnen zu haben», sagte Vingegaard.

Duell zwischen Vinegaard und Pogacar

Mit einem Abstand von lediglich neun Sekunden waren Vingegaard und Pogacar in die Etappe gegangen. Bisher gab es nur fünf Ausgaben der Tour de France, bei der Führender und Verfolger noch näher beieinanderlagen. 2008 trennte Cadel Evans und Fränk Schleck gar nur eine Sekunde. Am Ende gewann keiner der beiden, sondern der Spanier Carlos Sastre. Eine solche Wendung dürfte es bei der aktuellen Tour wohl kaum geben.

Das Duell um das Gelbe Trikot war zunächst jedoch kein Thema. Der erste Massensturz der diesjährigen Tour sorgte gut fünf Kilometer nach dem scharfen Start in Annemasse für einen Stopp. Auf einer Abfahrt waren etwa 20 Fahrer zu Fall gekommen, dieselbe Anzahl wurde aufgehalten. Jedes der 22 Teams war irgendwie in den Sturz verwickelt, sodass Tour-Direktor Christian Prudhomme das Rennen neutralisierte und stoppte.

Elf Aufgaben während des Rennens

Aufgrund eines Sturzes ein eher seltenes Vorgehen der Tour-Organisation, 2017 war es einmal in Belgien der Fall. In anderen Fällen war es andere Faktoren. Mal blockierten Aktivisten die Straße, mal streikten die Fahrer für mehr Sicherheit. 2019 musste die Etappe nach Tignes wegen eines Erdrutsches abgebrochen werden.

Der Sturz auf dem Weg nach Morzine bedeutete das unmittelbare Tour-Aus für den Spanier Antonio Pedrero und den Südafrikaner Louis Meintjes – beide mussten das Rennen aufgeben und ins Krankenhaus gebracht werden. Bei Meintjes wurde ein Schlüsselbeinbruch umgehend bestätigt. Der 31-Jährige lag auf Platz 13 der Gesamtwertung und war der Kapitän der Intermarché-Mannschaft mit dem Augsburger Georg Zimmermann.

Wenig später stieg auch Esteban Chavez vom Rad. Der kolumbianische Meister hatte nach der fast halbstündigen Rennunterbrechung versucht, weiterzufahren, doch die Schmerzen in der Schulter waren zu groß. In einer anderen Abfahrt stürzten dann John Degenkolbs Teamkollege Romain Bardet und James Shaw. Sowohl der Franzose als auch der Brite verabschiedeten sich unfreiwillig von der Tour. Im Verlauf der Etappe stiegen außerdem der Niederländer Ramon Sinkeldam und der Portugiese Ruben Guerreiro vom Rad.

15. Etappe mit Blick auf den Mont Blanc

Ihnen bleibt zumindest die nächste Berg-Tortur am Sonntag erspart. Die 15. Etappe führt über 179 Kilometer von Les Gets zur Bergankunft in Saint-Gervais in Sichtweite des Mont Blanc. Der nur sieben Kilometer lange Schlussanstieg dürfte Pogacar mehr liegen als Vingegaard, die Abstände werden wahrscheinlich aber nicht allzu groß sein.

Von Tom Bachmann und Felix Schröder, dpa