War es das für Aaron Rodgers? Sofort nach der unerwarteten Playoff-Pleite der Green Bay Packers im Heimspiel gegen die San Francisco 49ers ging im US-Fernsehen und in den sozialen Netzwerken die Debatte um die Zukunft des Quarterback-Stars los.
Die Bilder aus dem Lambeau Field lieferten den Rahmen. Im Schneetreiben bei zweistelligen Minusgraden ging der 38 Jahre alte Football-Profi nach dem 10:13 langsam vom Feld, blickte mehrfach zu den Zuschauern in dem legendären Stadion und verabschiedete sich mit einem Rocker-Gruß, bevor er im Tunnel verschwand. Dass er das nach 17 Jahren tatsächlich zum letzten Mal in einem Trikot der Traditionsmannschaft aus Wisconsin getan hat, ist nicht so unwahrscheinlich, wie es erst einmal klingt.
Rodgers will sich Zeit nehmen
«Ich werde mir Zeit nehmen und Gespräche führen mit den Leuten hier, dann Zeit nehmen und Abstand gewinnen und eine Entscheidung treffen, bevor die Free Agency beginnt», kündigte Rodgers an, als er mit schwarzer Mütze auf dem Kopf seine vorerst letzte Pressekonferenz bei den Packers gab. Seine Kernbotschaft: «Ich möchte nicht Teil eines Wiederaufbaus sein, wenn ich weiterspiele.» Heißt übersetzt: Wenn ich hier für die nächste Saison nicht sofort wieder eine Chance auf den Titel sehe, war es das. Aus Sicht von Packers-Trainer Matt LaFleur ist die Sache klar: «Wir wollen ihn sicherlich wieder hier haben, wir wären ja verrückt wenn nicht.»
Viele Verträge von wichtigen Spielern laufen aus, der Spielraum des Managements ist durch die Gehaltsobergrenze in der NFL eingeschränkt. Bei Star-Receiver Davante Adams können die Packers zwar theoretisch eine Option ziehen, bei anderen Profis ist es nicht so einfach. Auch die Zukunft von Equanimeous St. Brown bei den Packers ist offen, der Vertrag des Deutsch-Amerikaners endet nach vier Jahren ebenfalls.
«Es wird viele Entscheidungen zu treffen geben, viele Spieler, deren Zukunft unklar ist. Es wird interessant sein, zu sehen, in welche Richtung einige dieser Entscheidungen ausfallen», sagte Rodgers. «Ich werde Gespräche haben mit Brian (Gutekunst, General Manager, Anm.), nächste Woche oder so, etwas mehr Klarheit bekommen und über meine eigene Zukunft nachdenken und wie viel länger ich das machen möchte.»
Relevant bei all dem ist auch: Die Beziehung der Packers und von Rodgers ist schon seit längerem gestört. Rodgers sagte zwar, sein Verhältnis zu Manager Gutekunst habe sich im vergangenen Jahr verbessert – aber das heißt noch lange nicht, dass es gut ist. Seit sich die Packers beim Draft 2020 bei erster Gelegenheit für den jungen Quarterback Jordan Love entschieden anstelle eines möglichen wertvollen Helfers für Rodgers im Angriff, gibt es atmosphärische Störungen. Die gingen so weit, dass Rodgers vor dieser Saison wochenlang offen ließ, überhaupt noch mal für die Mannschaft zu spielen. Und das, nachdem er erst in der Saison zuvor zum dritten Mal zum wertvollsten Spieler der NFL gewählt worden war.
Rodgers und die Impf-Debatte
Und dann ist da ja auch noch die Sache mit der Corona-Impfung, die Rodgers als einer der ganz wenigen NFL-Profis verweigert. Als im Herbst klar wurde, dass er sich nicht gegen das Virus hatte impfen lassen, überstieg die öffentliche Entrüstung jene um Bayern-Profi Joshua Kimmich in Deutschland um ein Vielfaches – weil sich die Menschen von Rodgers glatt angelogen fühlten. Denn noch im August hatte er auf eine Reporter-Frage nach seinem Impfstatus geantwortet: «Ja, ich bin immunisiert.» Wegen seiner Infektion mit dem Virus verpasste er ein Hauptrundenspiel.
Rodgers Beliebtheit hat das schweren Schaden zugefügt. Und so verwundert es auch nicht, dass sich viele Leute mit ihren hämischen Kommentaren nach der Niederlage am Samstagabend vor allem daran abarbeiteten, dass Rodgers nicht geimpft ist. Weniger gehässig, aber nicht minder faktenbasiert waren die Hinweise auf seine Ausbeute in den 17 Jahren bei den Packers mit nur einem Super-Bowl-Sieg im Februar 2011. Und seither das Warten auf eine Rückkehr ins wichtigste NFL-Spiel des Jahres, obwohl die Mannschaft im Grunde immer zu den Favoriten zählte und in der Hauptrunde entsprechend gut spielte. Ein Jahrzehnt lang stand aber immer eine Enttäuschung zum Ende der Saison.
So wie jetzt gegen die 49ers wieder nach einer Partie, in der die Packers fünf Minuten vor Schluss noch 10:3 geführt hatten. Womöglich war es die letzte für Rodgers bei den Packers. Oder sogar in der NFL.