Jörg Schmadtke versuchte es nach dem Wechselfehler im DFB-Pokal mit ein wenig Humor.
Der VfL Wolfsburg habe nach dieser peinlichen Panne «kurzzeitig darüber nachgedacht, alle Beteiligten zu einem Volkshochschul-Grundkurs «Richtig Lesen» anzumelden», schrieb der Geschäftsführer Sport am Montag in einer Mitteilung seines Clubs. Mit großer Wahrscheinlichkeit aber hat die regelwidrige Einwechselung eines sechsten Spielers und die Nicht-Kenntnis der entsprechenden DFB-Bestimmungen für den Fußball-Bundesligisten das nachträgliche Pokal-Aus zur Folge.
Denn Erstrunden-Gegner Preußen Münster legte einen Tag nach dem Wolfsburger 3:1-Sieg nach Verlängerung wie erwartet Einspruch gegen diese Wertung ein. Und der VfL übernahm die volle Verantwortung für seinen Fauxpas. «Dem VfL Wolfsburg ist ein Wechselfehler unterlaufen», sagte Schmadtke. «Dies ist ausgesprochen ärgerlich, aber leider nicht mehr rückgängig zu machen.» Man werde dafür Sorge tragen, «dass so etwas künftig nicht mehr passiert».
Wolfsburger Chancen eher gering
Rein formell wird nun das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes noch einmal um Stellungnahmen bitten. Bei dieser Sachlage kann es aber praktisch gar nicht mehr anders, als die Partie nachträglich zugunsten des Regionalligisten zu werten.
Ähnlich klar ist auch: Dieser Wechselfehler wird unabhängig vom sportjuristischen Ausgang des Falls an dem neuen Wolfsburger Trainer Mark van Bommel hängenbleiben. Schmadtke betonte zwar am Montag, «keine personelle Konsequenzen aus dieser ärgerlichen Situation zu ziehen». Aber der Niederländer nahm die verhängnisvolle Einwechslung des Schweizers Admir Mehmedi für Maximilian Philipp nun einmal vor.
Allein den Vierten Offiziellen zu fragen, ob er das noch darf oder nicht, zeigte ja: Niemand in dem üppig besetzten Staff des Champions-League-Teilnehmers kannte die Durchführungsbestimmungen des DFB, in denen es in Paragraf 31 anders als bei der EM oder dem olympischen Fußball-Turnier heißt: «Während des Spiels dürfen fünf Spieler ausgetauscht werden. Eine darüber hinaus gehende zusätzliche Auswechslung bei Spielen mit Verlängerung ist nicht zulässig.»
Schlechter Start für van Bommel
Ein solcher Fehler kann van Bommel Autorität bei den Spielern und im schlimmsten Fall auch Rückhalt beim Mutterkonzern VW kosten. «Van Bommel und der VfL: Ein tiefer Kratzer», kommentierte der «Kicker».
2004 schied der VfL schon einmal am Grünen Tisch aus dem DFB-Pokal aus. Die Niedersachsen setzten damals ihren Neuzugang Marian Hristov ein, obwohl der nach einer Roten Karte für seinen ehemaligen Verein 1. FC Kaiserslautern noch gesperrt war. Zwei Tage später trat der Manager Peter Pander nach einem Gespräch mit dem VW-Vorstand und VfL-Aufsichtsrat Lothar Sander nach 13 Jahren Amtszeit zurück.
Van Bommel ist erst seit sechs Wochen in Wolfsburg, aber seine Startbedingungen waren schon vor dem Pokalspiel in Münster sehr schwierig. Der VfL verlor fünf seiner sechs Vorbereitungsspiele. Die Probleme sind dabei zunächst einmal die gleichen, die auch ein Julian Nagelsmann beim FC Bayern oder ein Gerardo Seoane bei Bayer Leverkusen hat: Bedingt durch die vielen Turniere dieses Sommers steigen viele Nationalspieler zu unterschiedlichen Zeiten auf unterschiedlichen Fitnesslevels ins Training ein.
In Wolfsburg kommt aber noch hinzu: Van Bommels Vorgänger Oliver Glasner trichterte der Mannschaft in den vergangenen zwei Jahren mit großem Erfolg eine Spielweise ein, die auf einer kompakten Defensive, einer starken Physis und auf schnellen, schnörkellosen Kontern basierte. Van Bommels Ziel ist es, den Glasner-Fußball als Fundament zu nutzen und um eigenen Ballbesitz- und Kurzpass-Fußball zu erweitern. Der Eindruck der Saisonvorbereitung und des Pokalspiels in Münster ist aber, dass die alten Qualitäten aktuell verwischt und die neuen noch nicht zu sehen sind. «Was wir heute gezeigt haben, war einfach nicht gut. Das muss besser werden», sagte Wout Weghorst. Es brauche einfach Zeit, um die neue Spielweise zu verinnerlichen.