Vor den Augen von Jan Ullrich ist eines der größten deutschen Radsport-Talente ins Meistertrikot gefahren. Der 21-jährige Marco Brenner holte sich überraschend den Titel des deutschen Straßenmeisters und düpierte dabei namhafte Konkurrenten wie Zeitfahrmeister Nils Politt oder Altstar Simon Geschke.
Brenner holte sich nach 200,9 Kilometern bei den Titelkämpfen in Bad Dürrheim vor Ex-Biathlet Florian Lipowitz aus dem deutschen Bora-hansgrohe-Team den Sieg.
Für Brenner, der einst WM-Bronze bei den Junioren geholt hatte, war es der größte Erfolg seiner Karriere. Der Augsburger hatte erst zuletzt mit dem 19. Gesamtrang bei der Tour de Suisse überzeugt, im März war ihm außerdem der erste Profisieg bei der Rundfahrt Settimana Internazionale Coppi e Bartali in Italien gelungen. Bei der Tour de France muss Brenner aber zuschauen, sein Schweizer Tudor-Team hat für die Rundfahrt keinen Startplatz.
«Das war sehr speziell. Es braucht noch ein bisschen, bis ich das realisiere. Das ist ein Mega-Gefühl. Ich bin froh, dass es so früh schon geklappt hat», sagte Brenner beim SWR und fügte hinzu: «Ich habe alles versucht, alles riskiert. Ich bin früh in eine Gruppe gegangen. Ich habe gemerkt, dass ich am Berg einer der Stärksten bin. Ich habe auf den perfekten Moment auf der Schlussrunde gewartet.»
Youngster im Angriffsmodus
Gut sieben Kilometer vor dem Ziel setzte Brenner bei dem Anstieg in Aasen die entscheidende Attacke, als Lipowitz nicht mehr folgen konnte. Brenner präsentierte sich auf dem schweren Kurs mit 2670 Höhenmetern ohnehin sehr angriffslustig. Immer wieder forcierte er das Tempo und hatte damit großen Anteil daran, dass sich die Spitzengruppe stetig verkleinerte. Nur Quereinsteiger Lipowitz, der ebenfalls bei der Tour nicht am Start stehen wird, konnte Brenner lange Paroli bieten. Für den achten Meistertitel in den vergangenen zehn Jahren sollte es für den erfolgsverwöhnten Bora-Rennstall aber nicht reichen. Den dritten Platz belegte mit deutlichem Rückstand Kim Heiduk.
Als Zaungast war auch Ullrich an der Strecke. Der einzige deutsche Tour-de-France-Champion ist in der Nähe in Merdingen beheimatet und durfte auch das Jan-Ullrich-Museum in Bad Dürrheim begutachten.
Pogacar-Helfer Politt chancenlos
Politt, der bei der Tour de France Superstar Tadej Pogacar zum dritten Gesamtsieg verhelfen soll, konnte sich als Einzelkämpfer nicht in Szene setzen und verpasste nach dem Zeitfahrsieg am Freitag das Double. Titelverteidiger Emanuel Buchmann war bei der DM nicht dabei, nachdem er bei der Tour de Suisse Frakturen an der Hüfte und am Schlüsselbein erlitten hatte.
Am Samstag hatte es bereits im Frauen-Rennen eine Überraschung gegeben, als Franziska Koch im Dauerregen Titelverteidigerin Liane Lippert im Schlusssprint das Nachsehen gab und erstmals den Titel holte.