Rassismus-Eklat bei Olympia-Test von Kuntz-Team

Mit einem gemeinsamen Zeichen haben die deutschen Olympia-Fußballer auf rassistische Beleidigungen gegen Jordan Torunarigha reagiert.

Im letzten Test vor den Sommerspielen von Tokio verließ das Team von Trainer Stefan Kuntz fünf Minuten vor Ende des 1:1 gegen Honduras geschlossen den Platz. «Er war kaum einzukriegen, hat sich furchtbar aufgeregt, weil er gesagt hat, dass er wiederholt rassistisch beleidigt wurde», berichtete Kuntz über den Vorfall in der Partie am Samstagabend im japanischen Wakayama. «Wir haben untereinander Blickkontakt aufgenommen. Da war für uns klar: Das verletzt unsere Werte, das können wir auch nicht dulden, wir nehmen da unseren Spieler komplett in Schutz.»

«Richtiges Statement gesetzt»

Das einzige Vorbereitungsspiel des Teams von Kuntz, das über dreimal 30 Minuten angesetzt war, fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. «Nachdem sich die Situation ein bisschen beruhigt hat, kam auch der gesamte Kader von Honduras rüber zu uns zur Bank und hat sich entschuldigt. Damit war das Thema für uns gegessen», sagte Kuntz. Das Team habe gemeinsam überlegt, ob der Angelegenheit noch weiter nachgegangen werden solle, sich aber dagegen entschieden. «Wir haben ein richtiges Statement gesetzt, wir haben richtig entschieden und gehandelt. Es war auch Jordans Wille, der gesagt hat, dass wir es damit gut sein wollen lassen», sagte Routinier Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg, der das Team bei Olympia als Kapitän anführen wird.

Auf dem Twitter-Account des Nationalteams von Honduras wurde der Vorfall zunächst gar nicht erwähnt, es wurde lediglich ein 1:1 als Ergebnis veröffentlicht. Anschließend äußerte der Verband, dass es sich um ein Missverständnis auf dem Spielfeld gehandelt habe. Dazu gefragt sagte Kuntz: «Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, wenn Sie mit einer Sechs nach Hause kamen. Da habe ich zu meiner Mutter auch immer gesagt: Es war ein Missverständnis zwischen der Lehrerin und mir. Das lassen wir am besten mal unkommentiert.»

Torunarigha schon einmal Opfer von Rassismus

Im DFB-Pokalspiel von Hertha BSC beim FC Schalke 04 im Februar 2020 war Torunarigha bereits mit Affenlauten rassistisch beleidigt worden. Der Revierclub wurde vom DFB mit einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro belegt. «Ich dachte, ich höre nicht richtig», erzählte der Verteidiger der Berliner in der ZDF-Dokumentation «Schwarze Adler. Wie rassistisch ist der deutsche Fußball?» über die damalige Situation. «Ich konnte nicht mehr normal denken. Wütend, traurig, alles auf einmal, das war alles zu viel.»

Im letzten Olympia-Test stand Torunarigha nun sowohl im zweiten als auch im dritten Drittel auf dem Platz. «Ich glaube, das ist ein Statement, was wir immer bringen müssen, wenn sowas passiert – vom Platz zu gehen und auf gar keinen Fall das Spiel weiter zu machen», sagte Stürmer und Mitspieler Max Kruse bei Instagram. «Egal ob in der ersten oder der 90. Minute, das müssen wir einfach immer machen, weil Rassismus einfach keinen Platz im Fußball hat.»

Honduras war in den ersten 30 Minuten in Führung gegangen, der Augsburger Felix Uduokhai erzielte im letzten Drittel den Ausgleich. Kuntz nutzte die Partie bis zum Abbruch zum kräftigen Rotieren und setzte alle 18 Spieler des Kaders ein. Zu Beginn baute der Coach auf Marco Richter (FC Augsburg), Kruse (1. FC Union Berlin) und Nadiem Amiri (Bayer Leverkusen) in der offensiven Dreierkette.

Das deutsche Team konnte nach zahlreichen Absagen nur mit 15 Feldspielern und drei Torhütern nach Japan reisen. Erlaubt ist ein Kader von 22 Spielern. Am Sonntag (10.00 Uhr) fliegt die DFB-Auswahl nach Tokio und bezieht ihr Teamhotel in Yokohama.

Dort startet der Silbermedaillengewinner von Rio 2016 am Donnerstag (13.30 Uhr/ARD und Eurosport) gegen Olympiasieger Brasilien ins Turnier. Die weiteren Gruppen-Gegner sind am Sonntag kommender Woche Saudi-Arabien und drei Tage später die Elfenbeinküste. Die jeweils ersten beiden Teams der vier Vierergruppen erreichen das Viertelfinale.

Von Florian Lütticke, dpa