Real-Meisterparty mit großen Tönen: «Holen uns City!»

Zum Abschluss der Meisterparty am Cibeles-Brunnen im Zentrum Madrids brachte Carlo Ancelotti die 150.000 Real-Fans noch einmal zum Jubeln.

Forsch gab der frühere Bayern-Trainer, sonst ein eher stiller Vertreter seiner Zunft, direkt den Angriff auf den nächsten großen Titel aus. «Jetzt holen wir uns City!», rief der 62-Jährige den Anhängern zu. «A por el City!», sangen diese noch bis zum frühen Morgen.

Als erster Trainer holte Ancelotti vier Spieltage vor Saisonende durch das 4:0 gegen Espanyol Barcelona die Meisterschaft in den Top-Fünf-Ligen Europas, nun soll der vierte Triumph in der Champions League folgen. Das Team um Ex-Weltmeister Toni Kroos, der bei der Feier im Hintergrund blieb, will am Mittwoch im Halbfinal-Rückspiel gegen Manchester City das 3:4 wettmachen. Und wenn einer Grund hatte, optimistisch und etwas großspurig aufzutreten, dann war es Ancelotti.

Der 62-Jährige komplettierte seine Titelsammlung: Nach Meisterschaften in Italien mit dem AC Mailand, England mit dem FC Chelsea, Frankreich mit Paris Saint-Germain und Deutschland mit dem FC Bayern München gewann Don Carlo nun auch die Primera División. Ein Titel, der ihm während seiner ersten Amtszeit bei Real Madrid von 2013 bis 2015 noch versagt geblieben war.

Ancelotti, der Meistercoach

«Ich bin sehr bewegt», sagte der Mann aus Oberitalien, der sein Erfolgsrezept bereits vor einigen Jahren in seiner Biographie «Quiet Leadership» verriet. Er gilt als Meister der Menschen- und Gruppenführung und gewann als Trainer unter anderem mit AC Mailand (2003 und 2007) sowie 2014 mit Real schon drei Mal die Königsklasse. «Mit Real Madrid Titel zu gewinnen, ist etwas ganz Besonderes. Und ich will mehr holen», versicherte er.

Der jüngste Titelgewinn ist dabei keine Selbstverständlichkeit. Die Lage des spanischen Rekordmeisters in der Primera División ist mit der des deutschen Pendants FC Bayern München, der zehn Mal in Serie die Bundesliga gewann, nicht zu vergleichen. Die «Weißen» gewannen in den vergangenen 25 Jahren sieben Mal die Liga. Und diese Saison war Madrid ohne namhafte Verstärkungen und mit einer stark in die Jahre gekommenen Stammelf ins Rennen gegangen.

Real-Oldies im reiferen Fußballer-Alter

Die meisten Leistungsträger wie Karim Benzema (34), Luka Modric (36), Kroos (32), Dani Carvajal (30), Casemiro (30), Thibaut Courtois (29), Marcelo (33) und den Ex-Münchner David Abala (29) sind alle bereits im reiferen Fußballer-Alter. Nur wenige Jüngere konnten Akzente setzen: Militao (24), Federico Valverde (23), Vinicius (21) und Rodrygo (21), der vorwiegend als Joker eingesetzt wird.

Vielleicht waren auch deshalb, weil der lockere Spaziergang zum Titel vor Saisonbeginn nicht erwartet worden war und eine große Aufgabe bevorsteht, am Cibeles-Platz so viele Fans wie selten zuvor bei einer Titelfeier. So früh wie jetzt hatte Real einen Liga-Titel zuletzt 1990 gewonnen.

Nach der Fahrt im offenen Bus durch die Hauptstadt legte Kapitän Marcelo der Statue der griechischen Königin Kybele der Tradition folgend eine Clubfahne um den Hals und einen Real-Schal um den Kopf. Zu den Klängen von «We are the Champions» bekam «La Cibeles» vom Brasilianer – der seinen 24. Titel mit dem Verein gewann und damit Gento als erfolgreichsten Profi der Club-Geschichte übertraf – auch einen Kuss auf die Wange. «Campeonísimo» (Supermeister), titelte die Zeitung «AS» auf Seite eins – und forderte gleich «europäischen Nachschlag».

Marcelo, Kroos, der auf Instagram mit «So proud of the whole team! Outstanding season!» schrieb, Benzema & Co. wissen: «In Madrid dauern die Erfolge so lange wie die Fahrt vom Bernabéu zum Cibeles-Platz», wie «AS» schrieb. Knapp 15 Minuten benötigt der Wagen für die fünf Kilometer. Die Ansprüche von Fans, Clubführung und Medien sind so hoch wie kaum wo anders. Das machte auch Clubboss Florentino Pérez klar: «In der Jahresplanung waren der Liga-Titel und der Gewinn der Champions League programmiert». Das sei man den «Milliarden von Real-Fans weltweit» schuldig, betonte er. Die 14. Königsklassenpokal muss her.

Von Emilio Rappold dpa