Reis kämpft um Verbleib in Bochum: «Hab weiterhin Bock»

Die vielen Fragen nach seinem drohenden Rauswurf meisterte Thomas Reis erstaunlich gelassen. Anders als die Vereinsführung, die nach dem 1:3 (0:1) beim FC Schalke auf Tauchstation ging, nutzte der Bochumer Fußball-Lehrer das Rampenlicht für klare Bekenntnisse.

Trotz des kapitalen Fehlstarts seines Teams mit sechs Niederlagen in sechs Spielen wirkte der 48-Jährige kämpferisch: «Ich kann nur sagen, dass ich weiterhin Bock habe, den Bock umzustoßen. Ich habe viel erreicht in Bochum, das ist für mich noch nicht das Ende der Fahnenstange.» Mit festem Blick fügte er an: «Man kann es auch mit mir machen.»

Die in solchen Fällen üblichen Mechanismen verheißen jedoch wenig Gutes für den Trainer. Sportchef Patrick Fabian, Finanz-Geschäftsführer Ilja Kaenzig und Aufsichtsrats-Boss Hans-Peter Villis berieten am Sonntag bis in den Abend über die Zukunft von Reis. Eine Entscheidung soll aber erst am Montag getroffen werden. Dass Fabian bereits vor der Partie eine Jobgarantie für den Coach vermieden hatte, war als Indiz für schwindendes Vertrauen gewertet worden. «Wir bewegen uns im Leistungssport, da sind Ergebnisse eine wichtige Zutat», hatte der neue Sportchef den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt.

Obwohl die Bochumer als erst drittes Team in der Bundesliga-Historie nach sechs Partien mit null Punkten dastehen, sieht sich Reis weiter als Teil der Lösung und warb um seinen Verbleib: «Ich habe eine Mannschaft gesehen, die mir folgt. Und ich habe bisher drei tolle Jahre gehabt. Wenn es nach mir geht, will ich gerne noch weitere Jahre haben.» Die bedenkliche Ausgangslage empfindet er als zusätzliche Motivation: «Jetzt werden wir noch mehr abgeschrieben. Das muss eine Gier auslösen, sich dagegen zu stemmen.»

«Ich stehe meinen Mann»

Den ausgebliebenen Treueschwur der Clubbosse konnte Reis verschmerzen: «Mich muss keiner in Schutz nehmen. Ich stehe meinen Mann. Wichtig ist, dass wir zusammenhalten innerhalb der Mannschaft. Und dieses Gefühl habe ich.»

Von einer tiefen Kluft zwischen Profis und Coach ist nichts zu spüren. So erinnerte Simon Zoller vor den nun anstehenden Beratungen der Clubspitze über die Zukunft von Reis an dessen große Verdienste. «Dieser Trainer kam vor drei Jahren und hat uns aus der Scheiße gezogen. Wir haben drei Jahre eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Und der VfL Bochum spielt Bundesliga. Da gehört der Trainer am meisten mit dazu», kommentierte der Angreifer mit Verweis auf den Aufstieg vor rund einem Jahr und die starke vergangene Saison mit Siegen über die Spitzenteams FC Bayern und Borussia Dortmund.

Doch anders als das Verhältnis zwischen Team und Trainer scheint die Beziehung zwischen Vereinsspitze und Reis gestört. Dazu trugen auch die jüngsten Meldungen bei, wonach der einstige Bundesliga-Profi in diesem Sommer mit einem Wechsel zum FC Schalke geliebäugelt haben soll. Das könnte dazu beigetragen haben, dass die Verhandlungen über eine Verlängerung des bis 2023 laufenden Vertrages stockten und auf die WM-Pause im Winter verschoben wurden.

Erleichterung bei Kramer

Dagegen dürfte das Trainerthema beim FC Schalke vorerst beendet sein. Die Treffer von Dominick Drexler (38. Minute) und Sebastian Polter (90.+6) sowie das Eigentor von Erhan Masovic (73.) sorgten bei Frank Kramer für große Erleichterung. Schließlich feierte das Team des ehemaligen Bielefelder Trainers den ersten Saisonsieg und kletterte auf Rang 12. «Das Glück war auf unserer Seite. Darüber sind wir sehr happy. Wir wissen nun, dass wir konkurrenzfähig sind. Das nehmen wir mit», kommentierte Kramer den hart erkämpften Erfolg.

Für Medienberichte, dass die Partie gegen Bochum nicht nur für Reis, sondern auch für Kramer eine Art Endspiel um den Job war, hat Rouven Schröder wenig Verständnis. «Für mich ist das in der Form nicht angebracht. Frank Kramer macht einen hervorragenden Job», kommentierte der Schalker Sportdirektor im ZDF-Sportstudio.

Ein weiterer Sieg im nächsten Revierderby am kommenden Samstag beim Erzrivalen BVB könnte die Skepsis vieler Schalke-Fans für die Arbeit von Kramer für lange Zeit vertreiben. Schröder gab die Richtung vor: «Wir atmen jetzt durch, bleiben aber hungrig. Jetzt kommt ein Spiel auf uns zu, auf das sich jeder Schalker freut.»

Von Heinz Büse, dpa