«Rohdiamant, der Schliff braucht»: Becker wird Rune-Coach

Boris Becker war sofort wieder in seinem Element. Als er die Rückkehr auf die Tennis-Tour als Trainer des dänischen Jungstars Holger Rune bestätigte, ließ der 55-Jährige große Motivation und viel Ehrgeiz erahnen.

«Holger ist ein Rohdiamant, der Schliff braucht», sagte die Tennis-Ikone und zog einen Vergleich zum erfolgreichsten Grand-Slam-Spieler der Geschichte: «Mir gefallen seine emotionalen Ausbrüche. Ich habe schon einmal einen Spieler gecoacht, Novak Djokovic, der auf dem Platz mitunter nicht ganz bei sich war.»

Bereits mit Djokovic erfolgreich

Als Trainer des 24-maligen Grand-Slam-Turniergewinners Djokovic hatte Becker zwischen 2013 und 2016 einige Erfolge gefeiert. Der Serbe hatte den dreimaligen Wimbledon-Champion Becker auch deswegen angestellt, um sich mental für den damaligen Kampf gegen die Tennis-Größen Roger Federer und Rafael Nadal zu wappnen: «Vor allem in psychologischer Hinsicht hilft er mir, weil er diese Situationen bereits kennt.»

Davon soll nun der 20-jährige Rune profitieren, der bei den vier Major-Turnieren bislang nicht über das Viertelfinale hinausgekommen ist. «Boris war auch sehr jung, sogar jünger als Holger, als er große Erfolge erzielte», hatte Aneke Rune, die Mutter und Managerin des Weltranglisten-Sechsten, kürzlich gesagt, als Spekulationen über die Zusammenarbeit aufgekommen waren. Der Tennisprofi selbst hatte die Gerüchte mit einem Gruppenfoto von sich, Becker und seinem Team auf Instagram angeheizt. «Großartige Trainingswoche in Monaco», schrieb Rune dazu.

In Basel erstmals dabei

Aus der Trainingswoche wird nun ein festes Engagement. Beim an diesem Samstag beginnenden ATP-Turnier in Basel werde er erstmals dabei sein, verriet Becker im Eurosport-Podcast «Das Gelbe vom Ball». Auch zum prestigeträchtigen Paris Masters werde er mit Rune reisen und «ihm hoffentlich dabei helfen, dass er die Qualifikation für die ATP Finals in Turin schafft. Das ist das große Ziel und das ist die Aufgabe». Laut eines Sky-Berichts soll Becker als sogenannter Supercoach bei ausgewählten Turnieren agieren, Lars Christensen aber weiter Trainer bleiben.

«Es macht mich ein wenig stolz, dass er mich gefragt hat. Der Kontakt besteht schon länger. Jetzt hat es sehr gut gepasst», sagte Becker: «Mein Kalender lässt es zu und mich hat Holger schon immer interessiert, weil er mit so viel Engagement und Temperament auf dem Tennisplatz steht.» Manchmal auch mit zu viel, wodurch sich der hochtalentierte Däne mitunter selbst im Weg steht. Genau da will Becker ansetzen – Reibungen hat er dabei eingepreist. «Der Trainer und das Team bilden da eine Oase, in der der Spieler das rauslassen muss – wenn er sich danach entschuldigt, wieder konzentriert arbeitet. Ich habe das damals genauso gemacht als Profi.»

Zuletzt war der sechsmalige Grand-Slam-Turniergewinner wieder als Fernseh-Experte im Einsatz, nachdem er im vorigen Dezember in Großbritannien aus der Haft wegen Steuerdelikten entlassen worden war. Als er im vergangenen Januar für Eurosport wieder von den Australian Open berichten durfte, sagte er: «Die Nähe hat mir enorm gefehlt, Tennis ist schließlich meine größte Leidenschaft.» Nun ist er sogar noch dichter dran.

Von Jörg Soldwisch, dpa