Ruder-Reise «zu Ende gegangen»: Zeidler verliert und hadert

Oliver Zeidler lag nach der größten Niederlage seiner Karriere minutenlang völlig ausgepumpt auf dem Bootssteg im Schatten der gigantischen Tokyo Gate Bridge.

Physisch und psychisch am Ende seiner Kräfte, musste der Goldjunge des Deutschen Ruderverbandes (DRV) sein völlig unerwartetes Aus im Halbfinale auf der windumtosten olympischen Regattastrecke erst einmal verkraften. «Ich bin sehr enttäuscht, vor allem nach dem bisher so erfolgreichen Saisonverlauf. Das wird jetzt alles ein bisschen dauern, die Niederlage nagt schon sehr an mir», sagte Zeidler.

Zuvor hatte bereits sein Vater und Trainer Heino Zeidler einen Einblick in das Innenleben seines Sohnes gegeben. «Er ist niedergeschlagen, er hat sich voll ausbelastet und ist jetzt platt. Für ihn ist ein Traum eingebrochen und die Enttäuschung ist sehr groß», sagte der Coach. «Ich bin nun auch als Vater gefragt, ihn wieder aufzurichten und den Blick nach vorn zu richten.»

Silber für deutsches Duo

Dabei sah es gut eine Stunde zuvor noch nach einem grandiosen Tag für den bisher so gebeutelten DRV aus. Jonathan Rommelmann und Jason Osborne hatten als erste deutsche Leichtgewichts-Ruderer überhaupt Silber gewonnen, Zeidlers Halbfinale sollte nur ein Warm-up für die große Goldshow am Freitag werden. Doch dann reichte es für den Weltmeister in seinem Halbfinale nur zu Platz vier – nur die besten drei Boote qualifizierten sich für den Endlauf.

«Wir waren heute nicht so gut, wie wir das sonst bei den Regatten waren. Die Bedingungen waren sehr extrem», sagte Papa Zeidler. Sein Sohn wollte mit sich und der Welt zunächst allein sein, äußerte sich erst Stunden nach der Pleite am Sea Forest Waterway. Kräftiger Schiebewind und Wellengang hatten den Ruderern das Leben schwer gemacht. Die Bedingungen waren schwer, aber nicht unfair. «Das war wirklich nicht mein Wasser und daher bin ich auch daran etwas gescheitert», sagte der Europameister.

Zeidler fehlte schlicht die Erfahrung. «Er liebt flaches Wasser, keine Wellen, leichten Schiebewind. Das sind seine Stärken, da kommt er wunderbar zurecht. Der Wind war der extremste Gegner», sagte der Coach und blickte in die Zukunft: «Man muss sich Gedanken machen, wie man besser werden kann.»

Gedanken um die Zukunft

Dabei verfiel Zeidler auch in Gedankenspiele über das Ende seiner Tätigkeit. «Jetzt erholen wir uns und dann schauen wir, wie es weitergeht. Geht dieses Vater-Sohn weiter? Das ist auch immer eine Belastung, denn ich mache alles ehrenamtlich», sagte der Polizist. Von seinem Job ist der Beamte nur noch bis zum 30. August freigestellt. «Weltklasseleistungen kann man nicht nebenbei oder im Ehrenamt machen.»

Zeidler und Zeidler wollen sich zusammensetzen, die vergangenen Jahre analysieren. «Letztendlich ist eine Reise zu Ende gegangen. Wir haben in den letzten Jahren ein sehr hohes Leistungslevel erreicht und vielleicht manchmal über unseren Verhältnissen performt», sagte der 49 Jahre alte WM-Vierte von 1994. Sein Sohn sei zudem erst 25, andere würden erst mit 36 Olympiasieger. Oliver Zeidlers Großvater Hans-Johann Färber war 1972 mit 25 Jahren Olympiasieger geworden. Doch der Sohn, sagte Zeidler, habe mindestens bis Paris Zeit.

Osborne nun aufs Rad

Dort werden Rommelmann und Osborne womöglich nicht mehr antreten. «Für mich gibt es jetzt aber erst einmal eine andere Challenge mit dem Radfahren. Ich würde das gern mal versuchen», sagte Osborne nach seinem Silber-Coup. Der zweite Platz hinter den enorm starken Iren war ein würdiger Abschied vor Osbornes Abenteuer als Radprofi, das wie erwartet demnächst starten soll. «Das war wie ein Sieg für uns. Wir haben Silber gewonnen, da muss man sich nicht für schämen», sagte Rommelmann.

Der Medizinstudent hockte gerade bei der Dopingkontrolle, als Zeidler sein bitteres Schicksal ereilte. «Uns tut das so leid, was Oli wiederfahren ist. Wir fühlen da mit», sagte der 26-Jährige. Osborne ordnete den Schock umgehend ein: «Das ist für den DRV eine bittere Enttäuschung.» Schon jetzt ist die Bilanz aus Rio von zweimal Gold und einmal Silber nicht mehr zu schaffen. Doch ein Olympiasieg des Achters am Freitag würde immerhin ein glanzvoller Abschluss sein.

Von Tom Bachmann, dpa