Im Vergleich zum Skandal-Biss des Uruguayers Luis Suarez bei der Weltmeisterschaft 2014 war Antonio Rüdigers Aktion nur eine unbeholfene Knabberei.
Und dennoch sorgte das Schnappen des deutschen Abwehrhünen am Rücken von Frankreichs Paul Pogba beim EM-Auftakt der Fußball-Nationalmannschaft für reichlich Gesprächsstoff. «Da darf ich mit dem Mund nicht so an seinen Rücken hingehen – gar keine Frage – das sieht unglücklich aus», sagte der Innenverteidiger vom FC Chelsea am Morgen nach dem 0:1 in München.
Einsicht gepaart mit Erleichterung
Die Einsicht war gepaart mit Erleichterung. Bei Ansicht der TV-Bilder wäre auch ein Einschreiten des Video-Referees und ein Platzverweis für Rüdiger denkbar gewesen. Eine nachträgliche Bestrafung fürchtet Rüdiger nicht. Denn weder der spanische Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande noch dessen Landsmann Juan Martinez Munuera als Video-Assistent ahndeten die Situation, obwohl sie sie offenbar wahrgenommen hatten. «Auch im Spiel sagte der Schiedsrichter noch zu mir, dass er mich bestraft hätte, wenn es für ihn eine Tätlichkeit gewesen wäre», berichtete Rüdiger.
Mit Pogba sei die Aktion noch auf dem Spielfeld geklärt gewesen. «Paul und ich haben uns nach Abpfiff sehr freundschaftlich ausgesprochen. Er hat im Gespräch mit mir und dann auch im Interview sowieso bestätigt, dass das kein Biss war wie der eine oder andere Außenstehende es zuerst meinte», sagte Rüdiger.
Pogba: «Ist ein Freund von mir»
Auch Pogba wollte das bisschen Biss von Rüdiger nicht überbewerten. «Er ist ein Freund von mir. Das war auf dem Platz, wir sind da kurz aneinandergeraten. Das ist jetzt vorbei, das ist Vergangenheit», sagte der zum EM-Auftakt überragende Mittelfeldmann der Franzosen. «Ich bin da keiner, der nach einer Karte schreit. Ich glaube, er hat mich ein wenig gebissen, das ist freundschaftlich, wir kennen uns gut», sagte der Abräumer von Manchester United.
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Champions-League-Sieger Rüdiger seinen Gegenspieler Pogba kurz vor dem Ende der ersten Hälfte von hinten bedrängt und eine Art mehrfache Beißbewegung am Rücken des 28-jährigen Franzosen durchführt. «Ich habe das gespürt, ich habe das dem Schiedsrichter mitgeteilt und er trifft dann seine Entscheidung», sagte Pogba zu der kuriosen Szene. «Er hat keine Karte bekommen, umso besser für alle. Ich möchte nicht, dass er für sowas gesperrt wird.»
Gelegentlich übermotiviert
Die unkontrolliert wirkende Aktion passte zum gelegentlich übermotiviert wirkenden Auftritt Rüdigers. Vor der Partie hatte der Abwehr-Hüne ein aggressives Vorgehen gegen Frankreich angemahnt. «Wir müssen eklig sein! Nicht nur lieb, lieb, lieb und schön, schön, schön spielen! Wir müssen Zeichen setzen!», sagte Rüdiger. Solche Zeichen?
Bei der WM 2014 hatte Suarez im Gruppenspiel Uruguays gegen Italien (1:0) seinen Gegenspieler Giorgio Chiellini heftig in die Schulter gebissen und war nachträglich von der FIFA von der WM ausgeschlossen und für insgesamt neun Pflicht-Länderspiele gesperrt worden.