Schärfere Töne bei Bayern: Kimmichs hoher Quarantäne-Preis

Der Ton wird rauer beim FC Bayern. Die lästige Corona-Problematik mit dem zugespitzten Reizpunkt Joshua Kimmich versuchte Julian Nagelsmann nach dem erstaunlichen Aussetzer der Münchner Fußballstars in Augsburg noch möglichst kurz abzuhandeln.

Als Ausrede für das frustrierende 1:2 (1:2) war ihm der Ausfall des als Kontaktperson erneut in Quarantäne geschickten Impf-Zauderers Kimmich «zu plump». Genervt ist Nagelsmann dennoch von den vielen Störgeräuschen nur zwei Wochen vor dem Gipfeltreffen in Dortmund. Die Borussia rückte bis auf einen Punkt an den Liga-Primus heran.

Nagelsmann «richtig sauer»

«Ich bin tatsächlich den ersten Tag als Bayern-Trainer richtig sauer auf uns, weil wir es deutlich besser machen müssen», bekannte Nagelsmann übellaunig. Sein größter Kritikpunkt war das von ihm nicht zum ersten Mal angeprangerte «sorglose» Defensivverhalten seiner Mannschaft: «Wir bekommen zu viele Tore auf die gleiche Art und Weise in dieser Saison.» Die Dauer-Baustelle geht ihm mächtig auf den Keks.

Größtes Gesprächsthema ist aber der Impfstatus einzelner Profis. Der Verein wirbt offensiv für eine Corona-Impfung, dringt aber bei einer geringen Anzahl von Spielern wie Kimmich mit seinen Argumenten nicht durch. «Es ist eine schwierige Situation», bekannte Sportvorstand Hasan Salihamidzic in Augsburg. Und nun? Die durchs Land rasende vierte Welle erfasst auch das Rekordmeister-Personal, mit Infektionen wie gerade bei den Abwehrspielern Niklas Süle und Josip Stanisic und Quarantäne-Konsequenzen für ungeimpfte Kollegen.

Die «Bild am Sonntag» enthüllte nun eine «knallharte Konsequenz» der Bayern-Bosse um Oliver Kahn. Die als Kontaktpersonen in Quarantäne geschickten Kimmich, Gnabry, Musiala und Choupo-Moting sollen für die jeweilige Ausfallzeit auf Teile ihrer üppigen Gehälter verzichten. Der Verein gab zu dem Bericht auf Anfrage keine Stellungnahme ab.

Bayern-Führung in der Klemme

Kahn und Co. stecken in der Klemme. Ein Ausfall wie von Kimmich gefährdet die Saisonziele des Rekordchampions. Gleichzeitig sollen die durchgeimpften Kimmich-Kollegen zum dritten Piks schreiten. Corona, Impfen, Spiele mit nun wieder ohne Zuschauern, womit dem FC Bayern weitere Millionen-Einnahmen entgehen – all‘ das wird in der Münchner Kabine und auch auf der Vorstandsetage eifrig diskutiert.

Kapitän Manuel Neuer äußerte in Augsburg einen Satz, der diplomatisch klang, aber Interpretationsspielraum beinhaltete: «Einen Jo Kimmich wollen wir immer in der Mannschaft und auf dem Platz haben.»

Der Mittelfeldchef – ein Eckpfeiler im Münchner Team wie Torwart Neuer, Torjäger Robert Lewandowski oder Anführer Thomas Müller – saß jedoch am Freitagabend gesund daheim. In die Kimmich-Rolle sollte Neuzugang Marcel Sabitzer schlüpfen – und verzweifelte an der Aufgabe. «In Sabi steckt viel, viel mehr», rätselte Nagelsmann.

Kimmich-Ersatz Sabitzer patzt

Sein Wunschtransfer, den er aus gemeinsamen Zeiten bei RB Leipzig extrem schätzt, leitete mit einem Ballverlust auch noch das 0:2 ein. Nagelsmann nahm Sabitzer dafür in Schutz, tadelte den kurz nach der Pause ausgewechselten Österreicher aber auch für fehlende Akzente: «Es war eigentlich ein top Spiel für ihn. Auf dieser Position hat er in Leipzig schon viele Topspiele gemacht.»

Nagelsmann wollte die Niederlage verständlicherweise nicht auf Kimmichs Fehlen kaprizieren. «Es kann ja auch sein, dass der Josh sich im Abschlusstraining verletzt. Dann können wir auch nicht in Augsburg anrufen und sagen, wir reisen nicht an, weil unser Sechser nicht da ist.» Andere Verein dürften bei Ausfällen deutlich mehr jammern: «Wir bei Bayern München sollten es nicht tun.»

Und wenn Kimmich am 4. Dezember gegen Borussia Dortmund fehlt? Dazu vielleicht Gnabry und/oder Musiala? Wie sollen Ungeimpfte – trotz ständiger PCR-Tests – rund um die Uhr privat und am Arbeitsplatz vor Corona-Kontakten bewahrt werden, die sie auch ohne eigene Infektion aus dem Verkehr ziehen? Kimmich ist nun schon seit Wochen aus dem Trainings- und Wettkampfrhythmus – und fehlt auch am Dienstag in der Champions League bei Dynamo Kiew.

Nagelsmann selbst bezeichnete es als «Fakt», dass die Gefahr der ungeimpften Akteure deutlich größer sei, mehr Spiele und Trainingseinheiten zu verpassen als die geimpften. «Das liegt auf dem Präsentierteller», sagte er – vor der prompten Bauchlandung gegen ein komplett durchgeimpftes FCA-Team.

Von Klaus Bergmann, dpa