Am zweiten Ruhetag der Tour de France hatte Dominator Tadej Pogacar den Wunsch nach ungewöhnlichen Schmerzen.
«Ich hoffe, ich kann so lange schlafen, dass es mir weh tut, weil ich so lange im Bett gelegen habe», sagte der Träger des Gelben Trikots. Wenn ihn schon die Konkurrenz nicht ans Limit bringt, dann doch wenigstens die Matratze im Fürstentum Andorra.
Vor den entscheidenden Pyrenäen-Etappen hat Pogacar mehr als fünf Minuten Vorsprung vor dem nächsten Konkurrenten. Und es ist nicht so, als würden sie es nicht versuchen. Der Kolumbianer Rigoberto Uran, der Däne Jonas Vingegaard und Richard Carapaz aus Ecuador – sie alle machten vor dem Ruhetag im Hochgebirge Druck auf Pogacar, allen radelte er leichtfüßig hinter. «Ich fühle mich gut, das ist Pech für die anderen», sagte Pogacar unbeeindruckt.
Hitze als «größte Angst»
Den Konkurrenten des Slowenen bleiben noch die Bergankünfte am Col du Portet am Mittwoch, in Luz Ardiden am Donnerstag sowie das Einzelzeitfahren nahe Bordeaux am Samstag. Realistisch betrachtet dürfte es aber nur noch um Platz zwei gehen. «Meine größte Angst vor der Tour war, wie ich mit der Hitze umgehen kann», sagte Pogacar nach dem über 30 Grad heißen Pyrenäen-Auftakt. «Das lief sehr gut. Jetzt habe ich keine Angst mehr.»
Womöglich etwas genervt wird der 22-Jährige auf die wiederkehrenden Dopingfragen reagieren. Bisher schaltete Pogacar in freundlichem Ton in den Verteidigungsmodus. «Ich werde sehr viel kontrolliert. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich könnte meine Wattdaten offenlegen, aber die könnten meine Konkurrenten gegen mich verwenden», sagte der Titelverteidiger. Der Chefmediziner seines UAE-Teams, Jeroen Swart, sprang ihm im Gespräch mit «Cyclingnews» zur Seite: «Man versucht, ein Negativ zu beweisen und das ist nicht möglich. Was soll Tadej anderes sagen?»
Konzentration auf das Wesentliche
Und somit konzentriert sich der Über-Fahrer der aktuellen Tour lieber wieder auf die Etappen. «Wir werden sehen, wie weit meine Reise in Gelb noch gehen wird», sagte Pogacar. Er ließ keinen Zweifel aufkommen, was er meinte: Bis auf die Pariser Champs-Élysées am kommenden Sonntag.
Auf dem Weg dahin wird der junge Vingegaard, ein Teamkollege des nach einem Sturz ausgeschiedenen Tony Martin, auf jeden Fall seine Attacken setzen. Am Mont Ventoux gelang es dem Dänen als bisher einzigem Fahrer, Pogacar zu distanzieren. Mit Ansagen hält sich der 24-Jährige zurück. «Wir schauen einfach von Tag zu Tag», murmelte er in die Mikrofone.
Verständlich, schließlich ist Vingegaard erst durch das Aus seines Kapitäns Primoz Roglic in die Rolle des Anführers gerutscht. «Jonas ist immer noch super stark. Er kann gut Zeitfahren und an den Bergankünften werden wir mehr Risiken eingehen», versprach sein Teamkollege Sepp Kuss nach seinem Etappensieg in Andorra. Vom Papier her dürfte Vingegaard am Sonntag eine Stufe unter Pogacar stehen.
Dort rangiert derzeit noch Uran. Der Routinier hat etwas überraschend wieder zu der Form zurückgefunden, die ihm schon 2017 den zweiten Platz bei der Tour ermöglicht hatte. Zwar zeigte der 34-Jährige Schwächen bei den explosiven Antritten seiner Konkurrenten am Berg, fand jedoch immer wieder den Anschluss. Nun hofft Uran, dass die Kräfte bis Paris reichen. Auch, wenn es nur noch um Platz zwei geht.