Filou ist immer dabei. Lilly Stoephasius tippt im knallend heißen Urban Sports Park von Tokio auf das Bild ihrer Katze auf ihrem Skateboard.
«Das habe ich extra für Olympia raufgemalt, damit mich das an zu Hause erinnert», sagt die Berlinerin. Mit gerade einmal 14 Jahren erlebt Stoephasius ihre ersten Spiele, geht am Mittwoch in Tokio bei der Premiere der Skateboard-Disziplin Park an den Start. «Ich freue mich immer noch jeden Tag, dass ich es hierher geschafft habe.»
Kurz vor dem Wettkampf durfte der Teenager mit Papa und Trainer Oliver Stoephasius auch endlich ins Olympische Dorf ziehen. Bis dahin übernachteten die beiden in einem DOSB-Hotel, da im Dorf Geschlechtertrennung herrscht und kein Doppelzimmer frei war. Nun machte der Auszug der Schwimmer den Umzug doch noch möglich.
Davor war Familie Stoephasius jeden Morgen ins Dorf gefahren. «Das ist schon toll. Das ist auch für mich eine Belohnung, mal im Dorf sein zu dürfen. Ich bin wahnsinnig stolz auf Lilly», sagt der Papa. Und der hat auch schon klare Vorstellungen davon, wie der Wettkampf laufen wird. «Wenn man im Wasserspringen sagt, Gold geht an China, dann kann man hier sagen, die ersten drei Plätze gehen an jemanden, der in Japan geboren wurde. Wenn Lilly in das Finale kommen würde, wäre das ein Riesenerfolg.»
Als eine von 20 hatte sich Stoephasius für die Spiele qualifiziert. In der Qualifikation darf jede dreimal für jeweils 45 Sekunden in den Park. Für Kreativität, Tricks und auch Fehler gibt es eine Bewertung zwischen 0 und 100 Punkten. Der beste Lauf zählt, die besten acht Teilnehmerinnen erreichen das Finale. «Ich traue ihr auf jeden Fall die Top Ten zu. Das wäre schon der Hammer», sagt Bundestrainer Jürgen Horrwarth. «Das Finale wäre der absolute Traum.»
Stoephasius fällt im bunten Skateboard-Zirkus durch ihre Persönlichkeit auf. Das Extrovertierte braucht sie nicht, ruht trotz ihrer erst 14 Jahre in sich. Horrwarth sieht das durchaus als Vorteil: «Die Persönlichkeit spielt in dem Sport eine maßgebliche Rolle. Lilly ist für ihr Alter ziemlich gelassen und ruhig. Sie nimmt den ganzen Trubel hier mit Fassung, konzentriert sich auf ihr Ziel.»
Und das ist neben dem sportlichen Erfolg vor allem PR für ihre Sportart. «Olympia sehe ich als Vorteil. Es gibt mehr Aufmerksamkeit und es wird hoffentlich dann von mehr Menschen als Sport angesehen», sagt Stoephasius. Dabei betont sie auch, dass sich die Skateboarder-Community ein wenig in zwei Teile spaltet: Die Olympiastarter und die Boykottierer. Stunk zwischen beiden Lagern gibt es trotzdem nicht.
Auch unter den Tokio-Startern ist die Atmosphäre familiär. Gelingt einer Teilnehmerin im Training ein Trick, gibt es umgehend Applaus von der Konkurrenz. Für Stoephasius in den Sessions sogar reichlich. Wenn es dann am Mittwoch ernst wird, wird der Blick an ihrem Skateboard von Filou etwas weiter runter wandern. Dort hat sie ihr Olympia-Motto festgehalten. «Do it» (Tu es) steht dort mit weißen Filzstift geschrieben.