Deutschland, USA, Japan und zurück: Was klingt wie ein kleiner Weltreise-Urlaub, ist das aktuelle Wettkampfprogramm der Skispringer. Drei Kontinente stehen für Andreas Wellinger und Co. in diesem Monat im Weltcup-Kalender.
«Natürlich sind die langen Reisen eine Herausforderung. Aber gar nicht mal wegen der Reisezeiten, sondern weil es mit den Zeitzonen einfach unterschiedliche oder veränderte Tagesabläufe gibt, auf die man sich gut einstellen muss», sagte der 28 Jahre alte Bayer der Deutschen Presse-Agentur.
Vom Weltcup in den USA geht es an diesem Wochenende nach Japan. 14 Stunden Zeitunterschied liegen zwischen Lake Placid und Sapporo. «Ich versuche möglichst im deutschen Zeitrhythmus zu bleiben, weil dann einfach auch über den Wettkampfort hinaus der Tagesrhythmus am besten funktioniert», erklärte Wellinger, der das Reisen nach zwölf Jahren im Weltcup mittlerweile gut kennt. «Das heißt: so gut es geht schlafen und regenerieren, sodass man dann, wenn Wettkämpfe stattfinden, einfach voll da ist.»
Verband wünscht sich Skispringen in der ganzen Welt
Doch das ist nicht immer einfach, wie sein Teamkollege Philipp Raimund am Wochenende feststellen musste. «Es ist schon wirklich spät. Ich merke, dass ich langsam Kopfschmerzen bekomme, es ist einfach ein bisschen zu spät für den Kopf», sagte der 23-Jährige nach seinem Sprung in Lake Placid kurz vor Mitternacht deutscher Zeit. «Es ist schon ziemlich anstrengend, aber das ist der Job», betonte Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher.
Wenn es nach dem Weltskiverband Fis geht, könnten die Reisen um die Welt zukünftig noch um einiges mehr werden. «Skispringen hat das Ziel, ein globaler Sport zu werden», sagte Rennleiter Sandro Pertile der dpa. «Wir wollen die Freude am Skispringen mit der ganzen Welt teilen.» Es sei auch eine Frage des Respekts, alle am Skispringen interessierten Länder in den Kalender einzubeziehen. Ob das in Zeiten der Klimakrise mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Verbands zusammenpasst, darf zumindest bezweifelt werden.
Jetlag als Herausforderung für die Sportler
Zuletzt hatte der Italiener mit Plänen für Springen in Brasilien, China oder Dubai für Diskussionen gesorgt. Doch er hält an seinen Ideen fest: «Wir glauben, dass Skispringen eine Disziplin ist, die in Bezug auf den Veranstaltungsort sehr flexibel sein kann. Wir sind ein „Vier-Jahreszeiten-Sport“, mit unserer Plastik- und Schneeoberfläche.» Springen im Sommer würden die «Tür zur ganzen Welt» öffnen.
Doch viele Wettkämpfe und häufige Reisen hinterlassen bei den Sportlern Spuren. «Der Kalender ist voll, wir reisen viel, und dann ist der Jetlag mit der Zeitumstellung einfach noch mal eine andere Herausforderung», sagte Wellinger. «Der Jetlag beeinflusst die Leistung zum Teil, weil es einfach das körperliche Wohlbefinden betrifft.» Jeder Tag berge die Herausforderung, den Körper darauf einzustellen, fit zu sein, wenn es auf die Schanze gehe.
Reisen als Tagesgeschäft im Sport
Pertile sieht darin kein Problem. «Unsere Athleten sind bereit, an Wettkämpfen in allen Teilen der Welt teilzunehmen, wie es auch andere Sportler tun. Reisen gehört für sie zum Tagesgeschäft, wie für jeden Geschäftsmann», sagte der 55-Jährige. Auch andere Wintersportler kennen lange und weite Reisen. So gastiert der Langlauf-Weltcup nach Rennen in Deutschland und der Schweiz derzeit in Amerika. Für die Biathleten geht es nach Stationen in Tschechien und Norwegen zum Saisonabschluss nach Übersee.
Zunächst steigen aber die Skispringer wieder ins Flugzeug. «Wir waren die letzten Jahre oft in Japan, und jeder für sich versucht seinen persönlichen Zeitrhythmus zu finden», sagte Wellinger. Als Gesamtweltcup-Zweiter will der Olympiasieger auch in Asien weite Flüge zeigen. Während am Samstagmorgen um 8.00 Uhr deutscher Zeit gesprungen wird, ist beim zweiten Einzelspringen am Sonntag um 3.00 Uhr nachts zumindest in der Heimat Schlafenszeit.