Pharmakologe Fritz Sörgel hätte die Durchführung der am Freitag in Tokio beginnenden Olympischen Spiele während der Corona-Pandemie mit Zuschauern für «unverantwortlich» gehalten.
«IOC-Boss Thomas Bach drängte zuletzt ja sogar doch noch auf die Zulassung von Zuschauern, weil Tokio seiner Meinung nach keine Probleme mit dem Virus hat. Da bleibt einem wirklich die Spucke weg», sagte Sörgel in einem Interview der «Frankfurter Rundschau». «Er ist rücksichtslos. Um ehrlich zu sein: mit Zuschauern bei einer solchen Veranstaltung und an so vielen Orten, das ist doch gar nicht denkbar.»
Sorge vor neuen Virus-Mutationen
Der Nürnberger Sörgel stört sich auch an Aussagen, dass in Tokio für die Anwesenden aus aller Welt keinerlei Gefahr bestehe. «Wer sagt, die Spiele seien sehr sicher und es könne nichts passieren, lügt die Menschen an», sagte Sörgel. Nach Japan reisen in diesen Tagen Athleten aus über 200 Ländern, «und viele Länder haben bei weitem nicht den medizinischen Standard wie wir in Europa», sagte er. Neue Virus-Mutationen seien «da nicht auszuschließen. Die Austragung dieser Spiele ist an Komplexität nicht zu übertreffen.»
Für Sörgel gibt Bach an der IOC-Spitze in Japan keine gute Figur ab. «Er benimmt sich wirklich wie ein Staatsmann, aber sie wollten ihn dort gar nicht sehen», sagte Sörgel zu einem Besuch Bachs in Hiroshima: «Seine Chancen, den ersehnten Nobelpreis – das wurde ja nach den letzten Olympischen Spielen ernsthaft diskutiert – zu bekommen, sinken, da hilft auch der Hiroshima-Besuch nicht.» Selbst wenn die Spiele komplikationslos verlaufen würden, «dürfte es nichts werden, weil das Nobelkomitee den brutalen Druck auf Japan und den irrsinnigen Ressourcenverbrauch berücksichtigen muss», sagte Sörgel.