Emanuel Buchmann rollte genüsslich über die Ziellinie und breitete die Arme aus.
Nach einer beeindruckenden Solo-Fahrt über 70 Kilometer hat der Kletterspezialist rechtzeitig vor der Tour de France seine Sieglos-Serie nach über drei Jahren beendet. Der Tour-Vierte von 2019 holte nach 215 Kilometern von Donaueschingen nach Bad Dürrheim vor den Augen von Jan Ullrich, der vor 22 Jahren selbst im Schwarzwald triumphiert hatte, zum zweiten Mal den deutschen Meistertitel. Die Plätze zwei und drei belegten Nico Denz sowie Maximilian Schachmann und machten damit den Dreifach-Erfolg des deutschen Bora-hansgrohe-Teams perfekt.
«Dass ich so lange alleine fahren muss, das hätte ich nicht gedacht», sagte Buchmann nach der Siegerehrung. Nachdem sein Teamkollege Jonas Koch wegen Krämpfen zurückgefallen war, habe er «durchgezogen». So lange hatte Buchmann auf diesen Moment warten müssen. Im Januar 2020 gewann der 30-Jährige auf Mallorca sein letztes Rennen. Seitdem lief nicht mehr allzu viel zusammen, immer wieder wurde er von Stürzen, Krankheiten und Corona-Auszeiten zurückgeworfen.
Doch bei sommerlichen Temperaturen im Schwarzwald war das Leichtgewicht ganz in seinem Element und gewann zum zweiten Mal nach 2015 das Meistertrikot. Buchmann setzte sich in einer kleinen Spitzengruppe erst mit Teamkollege und Geburtstagskind Jonas Koch zum Ende der zweiten Runde ab, ehe er rund 70 Kilometer vor dem Ziel als Solist loszog. Damit machte er auch die Hoffnungen von Vorjahressieger Nils Politt zunichte, als erste Fahrer nach dem Erfolg am Freitag im Einzelzeitfahren das Double zu holen. Vor dem Rennen hat Buchmann bekräftigt, dass auf jeden Fall ein Bora-Fahrer oben stehen müsse.
Auch Ullrich verfolgte Rennen
Als seltener Zuschauer hatte das Rennen auch Jan Ullrich verfolgt. 2001 hatte der frühere Tour-Sieger selbst in Bad Dürrheim den Titel geholt. Auf seinem Instagram-Account hatte Ullrich Bilder gepostet, die ihn unter anderem mit Ex-Telekom-Teamkollege Erik Zabel zeigten. In den letzten Jahren hatte sich der später wegen Dopings gesperrte Ullrich bei Rennen äußerst rar gemacht.
Der anspruchsvolle und vor allem für Sprinter nicht attraktive Parcours führte die Radprofis in einem munteren Auf und Ab mit leichten Anstiegen durch den Schwarzwald. Umringt von begeisterten Zuschauern in einer einzigen Radsport-Party bewältigte das Feld in dem 26 Kilometer langen Rundkurs mehrere tückische Anstiege.
Zum Start kam es zu einem kuriosen Zwischenfall, als eine kleine Spitzengruppe von acht Fahrern falsch abbog, weil es einem Kamera-Motorrad gefolgt war. Das bestätigte eine Sprecherin der dpa. Aus Kulanz durften die Rennteilnehmer bei der nächstmöglichen Gelegenheit ohne Zeitverlust, aber mit gesparten Kilometern, ins Hauptfeld einsteigen. Laut SWR handelte es sich dabei um sieben Fahrer, allerdings alle nicht Teil eines World-Tour-Teams. Die Konkurrenz an der Spitze war indes riesig. Neben den besten deutschen Bora-Fahrern wie Lennard Kämna und Politt, gingen Pascal Ackermann, Georg Zimmermann und Phil Bauhaus an den Start.
Am Samstag hatte Liane Lippert bei den Frauen ihren Titel verteidigt und zum dritten Mal die deutsche Straßenrad-Meisterschaft gewonnen. Die 25-Jährige aus Friedrichshafen vom Movistar Team Women setzte sich vorzeitig ab und überquerte als Solistin das Ziel.