Spanien hat ein neues Tennis-Wunderkind. Zwei Wochen vor Beginn der French Open kennt der Jubel über Carlos Alcaraz in dessen Heimat keine Grenzen.
Nach dem beeindruckenden Triumph beim Masters-1000-Event in Madrid mit dem Finalsieg über Alexander Zverev meldete sich sogar König Felipe VI. beim 19-Jährigen. Der Jungstar schickt sich an, in die Fußstapfen von Grand-Slam-Rekordsieger Rafael Nadal zu treten.
Der Monarch nahm sich während eines Besuchs im mittelamerikanischen Costa Rica die Zeit, um Alcaraz anzurufen und ihm zum Erfolg zu gratulieren. Auch Ministerpräsident Pedro Sánchez meldete sich via Twitter mit einem Beifall-Emoji: «Riesiger Alcaraz!», schrieb Sánchez und sprach von einem «epischen» Erfolg.
Alcaraz besiegt Idole
In der Tat war es beeindruckend, wie Alcaraz in der Woche von Madrid auftrumpfte. Sieg im Viertelfinale gegen sein großes Idol Nadal, Sieg im Halbfinale gegen den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic und dann im Finale eine Lehrstunde für Titelverteidiger Zverev. 6:3, 6:1 hieß es nach nur etwas mehr als einer Stunde für Alcaraz – danach stand er im Lametta-Regen auf dem Centre Court im Caja Magica und ließ sich von Zverev eine Flasche Schampus über den Kopf gießen.
«Dieser Centre Court hat 15 Jahre lang Rafael Nadal gehört, die nächsten 15 Jahre wird er wahrscheinlich Carlos Alcaraz gehören», hatte Zverev bereits vor dem einseitigen Endspiel gesagt. Zwar wies Zverev zurecht daraufhin, dass er nach seinen beiden Nachtschichten gegen Felix Auger-Aliassime im Viertel- und Stefanos Tsitsipas im Halbfinale nicht im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen sei. Allerdings räumte die deutsche Nummer eins auch unumwunden ein: «Selbst wenn ich fit gewesen wäre, hätte ich gegen Carlos heute wohl keine Chance gehabt. Er wird noch viele Grand-Slam-Titel feiern.»
Steile Entwicklungskurve
Das sehen auch die meisten Experten so, die Entwicklung von Alcaraz ist wirklich beeindruckend. Erst bei den Australian Open im vergangenen Jahr qualifizierte er sich erstmals für das Hauptfeld bei einem Grand-Slam-Turnier. Vier Major-Turniere später reist er in der kommenden Woche als einer der Mitfavoriten zu den French Open in Paris.
«Es ist beeindruckend, wie ruhig und abgeklärt er schon in seinem jungen Alter auftritt», lobte Djokovic den Senkrechtstarter der Szene, für den es bereits der vierte Turniersieg in diesem Jahr war. «Er bringt alles mit. Ich freue mich sehr für ihn», sagte Nadal. Der 35-Jährige muss sein Wohnzimmer in Roland Garros nun in zwei Wochen nicht nur gegen Djokovic, Daniil Medwedew, Zverev und Tsitsipas verteidigen, sondern auch gegen seinen 16 Jahre jüngeren Landsmann.
Bescheidener Kämpfer
«Er ist kein Kind, er ist ein Ungeheuer», titelte die Zeitung «La Vanguardia». «Alcaraz übernimmt das Kommando», war auf der ersten Seite von «ABC» zu lesen, «Alcaraz ist auf dem Weg zur Nummer eins», schrieb «El Mundo».
Der Umjubelte selbst blieb bescheiden. «Nur weil ich in Barcelona gewonnen und Djokovic und Nadal in Madrid geschlagen habe, halte ich mich nicht für den besten Spieler der Welt», sagte er. Doch sein druckvolles Spiel, seine Fitness und sein großes Kämpferherz machen ihn zumindest zum derzeit formstärksten Spieler der Tour.
Während Djokovic nach seinem Australian-Open-Trauma erst langsam wieder in Schwung kommt und Nadal nach seinem Rippenbruch noch nach seiner Topform sucht, dominiert Alcaraz die Szene und startet mit breiter Brust nach Paris. Auf das nächste Event der Masters-1000-Kategorie in Rom in dieser Woche verzichtet er zuvor noch wegen leichter Knöchelprobleme. «Dieser Sieg in Madrid gibt mir viel Selbstvertrauen für Roland Garros», sagte Alcaraz in Madrid. «Ich werde in Paris mit aller Kraft um den Titel kämpfen.»