Auf der Tribüne nahm Spaniens König Felipe VI. lächelnd die zahlreichen Glückwünsche entgegen, auf dem Rasen bejubelten die Spieler ihren hochverdienten Sieg im Fußball-Klassiker gegen Italien. Mit einer erneut dominanten Vorstellung haben sich die Iberer mit dem vorzeitigen Gruppensieg bei der EM belohnt.
Nach dem 1:0 (0:0) in Gelsenkirchen gegen den schwachen Titelverteidiger stehen die Iberer als zweites Team nach Deutschland im EM-Achtelfinale. Die Azzurri brauchen dagegen im letzten Spiel gegen Kroatien am Montag in Leipzig mindestens einen Punkt, um den zweiten Platz abzusichern. Spanien trifft dann in Düsseldorf auf Albanien, das ebenfalls noch Chancen aufs Weiterkommen hat.
Ein Eigentor von Riccardo Calafiori (55. Minute) sicherte vor 49.528 Zuschauern den Sieg für die Spanier, die das Spiel schon viel früher hätten entscheiden können. «Ich bin sehr stolz. Es war ein super Spiel. Nach und nach haben wir uns gelöst. Wir wollten etwas Großes machen, das ist uns gelungen. Wir haben unsere Chance genutzt und gewonnen», sagte Offensivmann Nico Williams nach der titelreifen Leistung. «Wir wollen natürlich Europameister werden», gab er das klare Ziel aus.
Der Nations-League-Sieger zeigte nach dem 3:0 gegen Kroatien erneut eine überzeugende Leistung und unterstrich seine Titelambitionen. Im Achtelfinale trifft das Team von Luis de la Fuente am 30. Juni in Köln auf einen Gruppendritten.
Italien enttäuschte dagegen über die gesamten 90 Minuten. «Wenn man so viele Fehlpässe spielt, haben sie die Qualität, dich zu bestrafen. Wir sind wütend, aber das sollten wir für die letzte Partie nutzen, wir haben unser Schicksal noch in der eigenen Hand», sagte Italiens Keeper Gianluigi Donnarumma.
Donnarumma muss retten
Bei den letzten beiden Europameisterschaften waren die Italiener jeweils Endstation für Spanien gewesen. 2021 setzte sich der viermalige Weltmeister auf dem Weg zum Titelgewinn im Halbfinale im Elfmeterschießen durch, 2016 gewann Italien im Achtelfinale. Dementsprechend groß war die Lust der Iberer auf eine Revanche.
Vor den Augen ihres Königs knüpften die Spanier an ihren starken Auftritt gegen Kroatien zum Auftakt an: Sie agierten dominant, ballsicher und mit zahlreichen sehenswerten Kombinationen nach vorne. Donnarumma verhinderte mit mehreren starken Paraden den frühen Rückstand. Nach nicht einmal zwei Minuten lenkte er einen Kopfball von Pedri über das Tor, Mitte der ersten Halbzeit parierte er einen Distanzschuss von Fabián Ruiz. Ein Kopfball von Williams ging am Tor vorbei (10.).
Williams und Yamal wirbeln
Von der gefürchteten italienischen Defensivstärke war zunächst wenig zu sehen. Vor allem die quirligen Außenspieler der Spanier bekam der Titelverteidiger überhaupt nicht in den Griff. Die Squadra Azzurra kam allenfalls durch Konter ansatzweise vor das Tor der Iberer – das aber mit äußerst überschaubarem Erfolg. Eine wirkliche Torchance kreierten sie nicht.
Vor allem der spanische Linksaußen Williams sorgte ein ums andere Mal für Gefahr. Der erst 16 Jahre alte Lamine Yamal, der gegen Kroatien mit 16 Jahren und 338 Tagen zum jüngsten Spieler der EM-Historie geworden war, wirbelte auf rechts. Erst im Verbund gelang es den Italienern meist in letzter Minute den Gegner zu stoppen – oder Donnarumma war zur Stelle.
Spalletti reagiert – ohne Erfolg
Zur Pause hätten die Azzurri auch mit zwei oder drei Toren im Rückstand sein können. Trainer Luciano Spalletti gestikulierte immer wieder wütend an der Seitenlinie und breitete kurz vor dem Pausenpfiff fast schon resignierend die Arme aus. Auch die Anfeuerungsrufe der italienischen Fans, die knapp in der Überzahl waren, halfen nicht.
Spalletti reagierte und wechselte zur Pause zweimal – doch am Spielverlauf änderte sich wenig. Im Gegenteil: Italien gelang es nun überhaupt nicht mehr, sich aus dem Dauerdruck des Gegners zu befreien. Calafioris Eigentor war die logische Konsequenz. Und die Spanier ließen nicht nach, Williams traf nur die Latte (70.). Immerhin eine noch höhere Niederlage konnten die Azzurri mit Glück und weiteren Paraden von Donnarumma verhindern.