Spanien zittert nach Remis gegen Polen ums Achtelfinale

Weltfußballer Robert Lewandowski klatschte erleichtert in die Hände, jubelte kurz mit seinen Mitspielern und ließ sich dann von den polnischen Fans feiern.

Die erneut sieglosen Spanier verließen den Rasen des Estadio La Cartuja in Sevilla dagegen mit enttäuschten Mienen. Mit seinem 67. Länderspieltor in der 54. Minute zum 1:1 (0:1)-Endstand bewahrte Lewandowski die Polen vor dem vorzeitigen Aus und bescherte Mitfavorit Spanien zugleich das große Zittern bei der Fußball-EM.

Wie Polen (1 Punkt) steht der dreimalige Europameister, für den ausgerechnet Reizfigur Alvaro Morata (25.) die Führung erzielte und Gerard Moreno (58.) einen Foulelfmeter verschoss, in der Gruppe E mit zwei Zählern ebenfalls gehörig unter Druck und benötigt im Vorrundenfinale am kommenden Mittwoch gegen die Slowakei (3) einen Sieg zum sicheren Weiterkommen. Lewandowski trifft mit Polen dann auf Tabellenführer Schweden (4).

Enttäuschte Spanier

«Es war schlecht. Wir haben es bis zum Ende versucht, aber es fehlen einfach die Tore», sagte Spaniens Kapitän Jordi Alba und fügte hinzu: «Wir dürfen den Glauben nicht verlieren. Natürlich stehen wir unter Druck, aber wir sind Profis. Ich denke, dass wir weiterkommen.» Abwehrspieler Pau Torres betonte: «Jetzt beginnen die K.o.-Spiele für uns schon am Mittwoch.»

Nach der Nullnummer zum Auftakt gegen Schweden und der anschließenden Kritik im eigenen Land wollten die Spanier eine Trotzreaktion zeigen. Allen voran Morata, der im ersten Spiel viele Pfiffe über sich ergehen lassen musste. Fast schon trotzig gab Trainer Luis Enrique dem Stürmer eine Einsatzgarantie – und wurde für sein Vertrauen belohnt.

Morata trifft

Nach einer ereignislosen Startphase war es ausgerechnet Morata, der die spanischen Fans bei der EM erstmals jubeln ließ. Der 28-Jährige traf auf Vorlage von Moreno, wurde in seiner Freude aber zunächst gebremst, weil der Schiedsrichter-Assistent eine vermeintliche Abseitsposition des Torschützen erkannt hatte. Der Videobeweis widerlegte dies jedoch, woraufhin der italienische Referee Daniele Orsato den Treffer gab und der erleichterte Morata aus Dankbarkeit seinem Trainer an der Seitenlinie um den Hals fiel.

Vorlagengeber Moreno (34.) hätte die zu diesem Zeitpunkt verdiente Führung ausbauen können, verfehlte das Tor mit einem Freistoß aber knapp. Fast im Gegenzug kamen die bis dahin offensiv kaum in Erscheinung getretenen Polen zu ihrer ersten Chance. Lewandowski flankte auf Karol Swiderski, der den Ball aus kurzer Distanz über die Latte bugsierte.

Kurz vor der Halbzeit waren beide Spieler auch an der größten Möglichkeit zum Ausgleich beteiligt. Swiderski fasst sich aus der Distanz ein Herz und hämmerte das Leder an den Pfosten, den Nachschuss von Lewandowski entschärfte Spaniens Torwart Unai Simon mit einem großartigen Reflex.

67. Länderspieltor für Lewandowski

In der zweiten Halbzeit gaben die Polen endgültig ihre Zurückhaltung auf und attackierten den Gegner nun viel früher. Das Pressing stellte den Gastgeber vor Probleme. Der Aufwand wurde schnell belohnt, als sich Lewandowski bei einer hohen Flanke im Strafraum robust gegen Aymeric Laporte durchsetzte und mit einem präzisen Kopfball zum Ausgleich traf. Es war das 67. Länderspieltor für Lewandowski, der als erster Spieler seines Landes bei drei EM-Turnieren traf.

Wenig später bot sich den Spaniern die große Chance zur erneuten Führung, als Referee Orsato nach Videobeweis auf Elfmeter entschied. Jakub Moder war Moreno auf den Fuß gestiegen, doch der Gefoulte traf nur den Pfosten. Den Abpraller setzte Morata neben das Tor.

In der Schlussphase war wieder Spanien am Drücker. Die Polen stemmten sich mit Herz und Leidenschaft gegen das zweite Gegentor, dem Morata (83.) am nächsten kam. Der Stürmer vergab jedoch aus Nahdistanz und wurde kurz danach ausgewechselt. «Wieder ein Spiel, in dem wir es nicht schaffen. Jetzt haben wir ein Endspiel ums Weiterkomen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll», sagte Morata.

Von Jens Marx und Eric Dobias, dpa