Inmitten von Helfern in Schutzanzügen posierten die deutschen Olympioniken noch auf dem Rollfeld für die ersten Selfies.
Die 146-köpfige Delegation, die am Sonntag mit Lufthansa-Flug LH 724 in Peking eintraf, bekam direkt nach der Landung den ersten Eindruck von der olympischen Parallelwelt in Corona-Zeiten. Hinter Maske und Visier war das Lächeln des chinesischen Empfangskomitees nur schwer zu erkennen, ehe nach den PCR-Pflichttests die streng organisierte Busfahrt in die Athletendörfer begann. Willkommen in der strikt abgeschotteten Olympia-Blase.
«Uns erwarten besondere Herausforderungen, die man so bisher bei Winterspielen nicht kannte», sagte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig der Deutschen Presse-Agentur. Wenn am Montag und Dienstag die weiteren großen Reisegruppen des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) ins Flugzeug nach China steigen, ist auch die Angst vor einem Positivtest bei der Ankunft dabei. Die Omikron-Variante treibt die Infektionszahlen in der Heimat auf Rekordhöhen. Es sei daher «eine anspruchsvolle Aufgabe», frei vom Virus in Pekings «geschlossenen Kreislauf» zu gelangen, sagte Schimmelpfennig.
Deutsches Team bislang ohne Corona-Fall
Zumindest am Sonntag gelang dies. Alle Einreisetests seien negativ ausgefallen, teilte eine DOSB-Sprecherin mit. Die Organisatoren hatten zuvor 34 neue Coronafälle bei Olympia-Beteiligten aus aller Welt vermeldet. Insgesamt wurden demnach bei den engmaschigen Kontrollen am Flughafen und in der Corona-Blase seit dem 23. Januar 139 Infektionen nachgewiesen. Am Sonntag bestätigte auch die Vorsitzende der IOC-Athletenkommission, die Finnin Emma Terho, einen positiven Test.
Die Zahlen seien im Rahmen des Erwarteten, sagte der Chef des Medizinischen Expertenrats, Brian McCloskey. Angesichts der Anreisewelle kurz vor der Eröffnung der Spiele am Freitag würden die Zahlen noch weiter steigen. «Aber wir sind zuversichtlich, dass das System, das wir eingerichtet haben, das richtige ist», sagte McCloskey.
Unter den Coronafällen war auch ein Betreuer aus dem deutschen Vorauskommando gewesen. Wer sich mit dem Virus angesteckt hat, wird in einem eigens dafür vorgesehenen Hotel isoliert. Nur nach zwei negativen PCR-Tests im Abstand von mindestens 24 Stunden können die Betroffenen dieses vor Ablauf von zehn Tagen wieder verlassen. Nach dieser Frist ist nur noch ein negativer PCR-Test nötig. Für so manchen Teilnehmer aber könnte der olympische Traum mit einem Positivtest platzen.
Fast direkt aus der Quarantäne nach Peking ging es indes für Skeleton-Pilotin Hannah Neise. Die zuvor infizierte Winterbergerin durfte nach den von den Organisatoren geforderten vier negativen PCR-Tests am Samstagabend in den Flieger steigen. Teamgefährte Axel Jungk dagegen muss noch auf weitere negative Tests warten und darauf hoffen, dass er am Freitag nachreisen kann. Beide hatte sich wohl beim Weltcupfinale in St. Moritz infiziert.
Weikert: «Olympisches Flair nicht so da»
Trotz aller Sorgen um Chinas knallharte Null-Covid-Strategie habe sich die große Mehrheit der deutschen Sportlerinnen und Sportler für einen Start entschieden, betonte DOSB-Chef Thomas Weikert im ZDF-«Sportstudio». Schließlich hätten sie sich seit Jahren auf die Wettbewerbe auf Schnee und Eis vorbereitet. Weikert räumte aber auch ein: «Es ist Fakt, das olympische Flair ist nicht so da, wie es war.» Ausländische Fans sind ausgeschlossen, nur ausgewählte chinesische Zuschauer dürfen dabei sein. «Damit wird den Athleten, wenn sie gewinnen, ein Teil der Freude genommen», sagte Weikert.
Mit Sichtschutz umzäunte Unterkünfte und die stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit drücken ebenfalls auf die Stimmung. Immerhin erwarten die Athleten wohl ziemlich perfekte Wettkampfbedingungen. Auch wenn die Berge abseits der Loipen und Pisten in Zhangjiakou und Yanqing braungrau statt winterlich verschneit sind, zeigten sich die Olympioniken in ihren Trainingseindrücken angetan. «Beeindruckend» und «großartig» schrieb Ski-Rennfahrer Josef Ferstl bei Instagram zu Bildern von einigen Abfahrtsschwüngen.
Das dürfte den Olympia-Machern gefallen. Ist die Hoffnung der Organisatoren doch, dass die sportlichen Schlagzeilen bald das heikle Corona-Thema beiseite drängen. «Diese Spiele sind eine große Chance für den weltweiten Wintersport und die Athleten», beteuerte IOC-Chef Thomas Bach. Könnten die Sportler doch 300 Millionen wintersport-interessierte Chinesen als neue Fans gewinnen. Treffen aber können die Olympioniken bei diesen Winterspielen keinen davon.