Spielerin und Botschafterin: Kerbers Spaß an Doppelrolle

In diesen Tagen vor Wimbledon probt Angelique Kerber für die Zukunft. Bevor sie am Ort ihres größten Triumphes ihre bisher fatale Grand-Slam-Saison aufhübschen will, wechselt die Wimbledonsiegerin von 2018 in Bad Homburg teilweise die Seite.

Die 33-Jährige ist nicht nur die prominenteste deutsche Tennisspielerin, die am Mittwoch gegen die Russin Anna Blinkowa ins Viertelfinale einziehen will. Sie ist zugleich auch Turnierbotschafterin und in die Organisation eingebunden. Dieser Spagat gefällt ihr. Sie könne sich solche Aufgaben auch für die Zukunft vorstellen, bekräftigte Kerber.

«Ein besonderes Turnier»

Es mache ihr «unglaublich viel Spaß», erzählte die Nummer 28 der Welt gut gelaunt. «Ich versuche, eine Rolle zu finden, dass ich alle glücklich machen kann», erklärte sie. «Auf der anderen Seite habe ich den vollen Fokus auf meine Spielerrolle, die ich natürlich immer noch als Priorität habe. Aber es ist ein besonderes Turnier.»

Mit dem Rasenturnier im Bad Homburger Kurpark plant Kerber für die Zeit nach der Karriere. Die dreimalige Grand-Slam-Siegerin ist als künftige Turnierdirektorin vorgesehen, noch übernimmt ihr Manager Aljoscha Thron den Posten. Sie selbst sei aktuell Ansprechpartnerin für die anderen Spielerinnen, beschrieb Kerber. Sie versuche, Anliegen zu klären oder zwischen ihren Konkurrentinnen, der Profiorganisation WTA und den Veranstaltern zu vermitteln.

Karriereende noch offen

Ihr Karriereende ist in den vergangenen Monaten immer wieder ein Gesprächsthema gewesen, weil die Resultate der ehemaligen Weltranglistenersten so schwach sind. Im dpa-Interview kurz vor Weihnachten hatte Kerber verraten, sich in der Pandemie damit beschäftigt zu haben, wann für sie der richtige Zeitpunkt sein könnte, aufzuhören. «Natürlich habe ich mir auch meine Gedanken gemacht in der Corona-Zeit und das Leben abseits der Tour zu schätzen gelernt», hatte sie im Dezember gesagt, aber offen gelassen, ob 2021 ihre letzte Saison auf der WTA-Tour werde.

Bad Homburg war wie Berlin als weiteres neues deutsches Damenevent 2020 ausgefallen und feiert jetzt als Vorbereitungsturnier auf das am Montag beginnende Grand-Slam-Turnier in Wimbledon seine Premiere. Sie habe Herz in die Veranstaltung gesteckt, sagte Kerber. Und machte, wie es sich für ihre Rolle gehört, Werbung, als sie sagte, sie habe bislang nur positives Feedback bekommen. In der Tat äußerte sich etwa die tschechische Spitzenspielerin Petra Kvitova gleich lobend.

Desolate Grand-Slam-Bilanz in 2021

«Wir sind es gewohnt, das ganze Jahr über zu reisen, von einem Turnier zum nächsten, und dann können so Kleinigkeiten den Unterschied machen, ob sich Spielerinnen wohlfühlen oder nicht so wohlfühlen», erklärte die Darmstädterin Andrea Petkovic, eine langjährige Tennis-Freundin von Kerber, «vor allem weil wir ja kurz davor sind, wieder in eine sehr harte Bubble zurückzugehen.»

Damit meinte sie Wimbledon. Dafür will sich Kerber in Bad Homburg noch Selbstvertrauen holen, damit nicht auch das dritte diesjährige Grand-Slam-Turnier so desolat endet wie die Australian Open und die French Open, als sie sich jeweils in der ersten Runde verabschiedete. Ihr 6:1, 6:1 gegen die russische Qualifikantin Jekaterina Jaschina war dafür kein Prüfstein. «Mein Ziel ist Wimbledon», stellte Kerber klar und hob heraus, warum sie noch gern Spielerin ist: «Matches zu gewinnen. Das Gefühl kriegt man auf der anderen Seite nicht so.»

Von Kristina Puck, dpa