In schicker Abendgarderobe und mit schwarzer Fliege ließ Alexander Zverev seinen Olympia-Traum noch einmal Revue passieren und erhielt nicht nur von seiner Freundin Sophia Thomalla großen Applaus.
Als erster Herrentennisprofi seit 30 Jahren wurde der Hamburger zu Deutschlands «Sportler des Jahres» 2021 gekürt. Neben Zverev standen auch Weitspringerin und Seriengewinnerin Malaika Mihambo im Glitzerkleid sowie die Weltrekordlerinnen des Bahnrad-Vierers als weitere Preisträger im Blickpunkt. Die sechs Sportler – alle Olympiasieger der Sommerspiele in Tokio – erhielten die Auszeichnungen bei der 75. Gala im Kurhaus von Baden-Baden.
Zverev lässt Olympia-Traum Revue passieren
«Der Olympiasieg ist etwas, was ich nie vergessen werde. Es gibt nichts Größeres als Olympia, das habe ich schon oft gesagt», sagte Zverev vor 250 Gästen – immerhin ein Drittel von früheren Veranstaltungen vor der Corona-Krise – und betonte: «Wenn ich jetzt aufhören würde mit Tennis, könnte man mir die Goldmedaille nicht mehr wegnehmen.» Die Laudatio hielt sein älterer Bruder, dem die Stimme kurz stockte. «Du hast es gesagt, ich bin ein emotionales Weichei», sagte Mischa Zverev.
Zverev und Co. veredelten damit ihre glänzenden Erfolge. Der Tennisstar hatte sich in Japan zum ersten deutschen Olympiasieger im Herren-Einzel gekrönt und insbesondere im Halbfinale mit seinem Erfolg über den serbischen Tennis-Ausnahmekönner Novak Djokovic beeindruckt. Zudem räumte der 24-Jährige den Titel beim Saisonfinale der besten Tennisprofis des Jahres und insgesamt sechs Turniersiege ab – so viele wie keiner seiner Konkurrenten in diesem Jahr.
Bei der Online-Abstimmung von 980 Sportjournalistinnen und Sportjournalisten setzte sich die Nummer drei der Welt (1739 Punkte) deutlich vor Schwimmer Florian Wellbrock (1198) durch, dem Olympiasieger über zehn Kilometer im Freiwasser und Tokio-Bronzegewinner über 1500 Meter Freistil im Becken. Den dritten Platz belegte Skisprung-Weltmeister Karl Geiger (729).
Mihambo mit dritter Ehrung in Folge
Seit 1991 war bei den Herren kein Tennisprofi mehr «Sportler des Jahres» geworden, seit Wimbledonsieger Michael Stich seinen damaligen Tennis-Rivalen Boris Becker ablöste und eine Reihe von Ehrungen für Becker ein Ende nahmen. Bei den Damen steht die dreimalige Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber 2016 und 2018 in der jüngeren Historie der Siegerliste. Den ersten Grand-Slam-Titel hat sich Zverev für das neue Jahr zum Ziel gesetzt. Bei der Sportler-Gala trat er nun die Nachfolge von Eishockey-Nationalstürmer Leon Draisaitl an.
Für Mihambo ist es die dritte Auszeichnung in Serie. Eine solche Erfolgsserie bei der Wahl zur «Sportlerin des Jahres» schaffte zuletzt Tennisikone Steffi Graf, die in den 1980ern viermal nacheinander die Ehrung erhielt. «Das ist der Wahnsinn», sagte Mihambo. Die Laudatio hatte Schwimm-Paralympicssiegerin Elena Semechin gehalten.
Mihambo hatte in Tokio mit ihrem Sieben-Meter-Sprung im letzten Versuch die Führung übernommen, musste aber noch die Sprünge ihrer stärksten Konkurrentinnen abwarten. Deutlicher als Zverev distanzierte die 27-Jährige von der LG Kurpfalz (1845 Punkte) ihre Verfolgerinnen. Aline Rotter-Focken, die in ihrem letzten Kampf erste deutsche Olympiasiegerin im Frauen-Ringen wurde, wurde Zweite (942). Kanu-Goldgewinnerin Ricarda Funk kam auf Platz drei (686).
Bahnrad-Frauen Nachfolger des FC Bayern
Die Bahnrad-Frauen dominierten in diesem Jahr ihre Disziplin und treten als Mannschaft des Jahres die Nachfolge des FC Bayern München an. Lisa Brennauer, Franziska Brauße, Lisa Klein und Mieke Kröger hatten in Tokio eine schier unglaubliche Weltrekord-Show mit drei Bestmarken in drei Rennen abgeliefert und waren zu Gold in der Mannschaftsverfolgung gerauscht. Anschließend holte das Team noch EM- und WM-Gold und machte das Titel-Triple perfekt.
In der Abstimmung landeten die Bahnrad-Frauen (1434 Punkte) klar vor der Dressur-Equipe (875) und den Tischtennis-Männern (719). Die Fußball-Nationalmannschaft spielte nach dem Achtelfinal-Aus bei der Europameisterschaft keine Rolle bei der Wahl.
Den Preis bekam das Quartett von der querschnittsgelähmten Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel überreicht. «Ich dachte: Wow, krass, wie schnell kann man fahren», sagte Vogel rückblickend zu einem der Weltrekorde: «Ich sah das deutsche Flaggschiff wieder zurück auf den Olymp fahren. Diesmal waren Frauen am Steuer. Ihr steht hier als Vorbilder.»