Sportwelt reagiert auf Russlands Angriff auf die Ukraine

Nach dem Schock über die Invasion Russlands in die Ukraine hat es am ersten Tag des militärischen Angriffs auch im Weltsport die ersten harten Konsequenzen gegeben.

Die Europäische Fußball-Union UEFA wird Präsident Wladimir Putins Heimatstadt St. Petersburg das für den 28. Mai geplante Champions-League-Finale entziehen. Der Beschluss zur Aberkennung der Gastgeberrolle soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auf der außerordentlichen Sitzung des Exekutivkomitees am Freitag beschlossen werden. Eine Entscheidung über einen Ersatzort wird jedoch noch nicht erwartet.

Als Folge von Russlands Angriff wird Fußball-Zweitligist FC Schalke 04 nicht mehr mit dem Schriftzug seines russischen Hauptsponsors Gazprom auflaufen. «Mit Blick auf die Ereignisse, Entwicklung und Zuspitzung der vergangenen Tage» habe sich der Club dazu entschieden, hieß es in der Mitteilung. Der Schritt erfolge nach Gesprächen mit Gazprom Germania. «Stattdessen wird Schalke 04 auf der Brust der Königsblauen stehen», teilte der Verein mit.

Zuvor war bereits bekannt geworden, dass der von den USA im Zuge des Ukraine-Konflikts mit Sanktionen belegte Geschäftsmann Matthias Warnig sein Mandat im Schalker Aufsichtsrat niedergelegt hat. Warnig ist der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Nord Stream 2 AG, die eine Tochterfirma des russischen Energiekonzerns Gazprom ist. Die Deutsche Fußball Liga empfahl den Proficlubs am Abend, mit einer Schweigeminute vor den Partien am kommenden Spieltag ein Zeichen für Frieden und Anteilnahme zu setzen.

IOC verurteilt Bruch des olympischen Friedens

Das Internationale Olympische Komitee verurteilte derweil den Bruch des olympischen Friedens scharf, nachdem Russland die Ukraine am Donnerstagmorgen aus mehreren Richtungen angegriffen hatte. Putin befahl eine großangelegte Militäroperation gegen das Nachbarland aus der Luft, am Boden und zur See. Das IOC sei «zutiefst besorgt» über die Sicherheit der olympischen Gemeinschaft in der Ukraine, hieß es. Daher habe man eine Arbeitsgruppe zur Beobachtung der Lage einberufen, die auch humanitäre Hilfe für Athletinnen, Athleten und Sportfunktionäre koordinieren solle. IOC-Chef Thomas Bach bekräftigte zudem seinen Ruf nach Frieden, hieß es in der Mitteilung.

Der Fußball-Weltverband FIFA zog noch keine Konsequenzen. Ende März ist in Russland mindestens ein Playoff-Spiel zur WM-Endrunde in Katar angesetzt – die Gegner Polen sowie entweder Schweden oder Tschechien in einem möglichen Finale um ein WM-Ticket kündigten bereits an, nicht nach Russland fliegen zu wollen. «Wir sind in Kontakt mit den Verbänden», sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino. «Im Moment ist es so, dass wir die Lage weiter beobachten.» Das Council-Bureau, der Ratsausschuss der FIFA, werde sich der Frage annehmen «und wird Entscheidungen treffen, sobald es nötig ist».

Auch viele Weltverbände müssen sich nun mit der Rolle Russlands und den ersten Boykott-Aufrufen auseinandersetzen. «Meine Meinung ist, dass ich dort nicht hin sollte und ich werde es auch nicht. Ich finde es falsch, in diesem Land zu fahren», sagte der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Er werde den aktuell noch für Ende September geplanten Grand Prix von Russland boykottieren. «Meine Entscheidung steht schon fest», sagte der 34-Jährige deutlich.

Noch ist nicht klar, ob am Schwarzen Meer in Sotschi gefahren wird. Am Donnerstagabend waren erste Beratungen der Rennställe und des Motorsport-Weltverbands Fia vorgesehen. «Wir sollten nicht in einem Land fahren, das Krieg führt, aber das gesamte Fahrerlager sollte darüber entscheiden», sagte auch Weltmeister Max Verstappen.

«Krieg ist in jeder Form inakzeptabel»

Den Einmarsch Russlands in die Ukraine bezeichnete Vettel als «schockierend». «Ich finde es grauenhaft zu sehen, was passiert ist», sagte der Hesse: «Es tut mir sehr leid für die Unschuldigen, die ihr Leben verlieren und aus dummen Gründen und wegen einer komischen und verrückten Führung getötet werden.» Ausnahmslos alle deutschen Sport-Spitzenverbände verurteilten die Schritte Russlands. «Krieg ist in jeder Form inakzeptabel – und mit unseren Werten des Sports unvereinbar», hieß es beispielsweise von der Deutschen Fußball Liga.

In der Ukraine werden in diesem Jahr zwar keine internationalen Großveranstaltungen im Sport ausgetragen, Auswirkungen hat die Krise möglicherweise aber auf viele europäische Wettbewerbe. Geplante Qualifikationsspiele der Basketball-WM der Männer und der Handball-EM der Frauen in der Ukraine sind bereits verlegt worden. In Russland stehen deutlich mehr Veranstaltungen im Sportkalender. Highlights sind neben dem Champions-League-Finale und dem Formel-1-Lauf auch die WM der Volleyballer und die Kurzbahn-WM der Schwimmer.

Zum Schutz seiner Athletinnen und Athleten verzichtet der Deutsche Skiverband bis auf Weiteres auf Wettbewerbe in Russland und der Ukraine. Die Entscheidung wurde gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund getroffen worden. Das Skicross-Nationalteam, das bereits zu einem Weltcup nach Russland gereist ist, «werden wir so schnell wie möglich nach Deutschland zurück holen», sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach.

Unklar ist noch, wie der Ski-Weltverband Fis mit den noch in Russland geplanten Weltcup-Veranstaltungen umgeht. Nach dpa-Informationen soll bis Sonntag beraten werden, ob das Saison-Finale der Langläufer vom 18. bis 20. März in Tjumen und die Frauen-Skispringen vom 18. bis 27. März in Nischni Tagil und Tschaikowski stattfinden können.

Vor dem nächsten Weltereignis im Sport, den am 4. März beginnenden Winter-Paralympics in Peking, sind Konsequenzen noch nicht absehbar. Waleri Suschkewitsch, der Präsident des ukrainischen Paralympischen Komitees, habe dem Internationale Paralympische Komitee jedoch mitgeteilt, dass seine Athleten antreten möchten. «Aber das Team nach Peking zu bringen, wird eine riesige Herausforderung», sagte IPC-Präsident Andrew Parsons. Für die Gewährleistung ihrer Sicherheit müsse man «so schnell wie möglich eine Lösung finden, damit die ukrainische Delegation sicher zu und von den Spielen reisen kann».

Von Thomas Wolfer, dpa