Springreiter feiern Medaille bei der Heim-EM

Der Ärger über das verpasste Gold war schnell verflogen. Die deutschen Springreiter feierten bei der Heim-Europameisterschaft im westfälischen Riesenbeck Silber – und verpassten Gold nur ganz knapp.

«Noch überwiegt die Enttäuschung», sagte Bundestrainer Otto Becker in seiner ersten Reaktion. «Wir waren ganz, ganz nah dran.» Nach dem Debakel bei den Olympischen Spielen in Tokio mit dem vorletzten Platz im Finale überwog später die Freude. Das mit drei EM-Neulingen und Routinier Marcus Ehning gestartete Team lag nach insgesamt drei Runden an drei Tagen nur hinter der Schweiz. Bester einheimischer Reiter vor dem Einzel-Finale am Sonntag ist André Thieme aus Plau am See, der mit Chakaria Zweiter ist. Erster ist Titelverteidiger Martin Fuchs aus der Schweiz mit Leone Jei.

Startreiter Thieme riss schon nach seiner famosen Runde eine Faust in die Luft. Der 46-Jährige aus Plau am See blieb mit seiner Chakaria wie am Vortag fehlerfrei und sorgte so für eine gute Ausgangsposition. «Ich habe Chakaria schon abgeknutscht», sagte Thieme kurz danach. «Es war Extra-Druck da», gab der Reiter zu, der bei den Spielen in Tokio einen enttäuschenden Auftritt gezeigt hatte und in den Tagen von Riesenbeck bewies, dass er mit seiner Stute ein Weltklasse-Paar sein kann. «Ich wollte hier zeigen, dass mein Pferd zu Recht dabei ist», erklärte er seine Motivation für die EM im eigenen Land. Er sei «jetzt schon riesig erleichtert», sagte der erste Reiter des Gastgeber-Teams, der nun auch im Einzel ein Medaillen-Kandidat ist.

Ehning unter Druck

Noch mehr unter Druck als Thieme stand Marcus Ehning. Denn in den ersten beiden Wertungsprüfungen am Mittwoch und Donnerstag war der 47-Jährige aus Borken mit Stargold das Streichergebnis. Doch in der letzten Runde des Teamwettbewerbs zeigte der Routinier seine Klasse, lenkte den zuweilen wilden Hengst ohne Abwurf durch den Parcours. «Besser er bockt, als wenn er die Stangen runter boxt», sagte Ehning später grinsend. «Heute war es so, wie ich ihn kennen», sagte der erfahrenste Reiter der Mannschaft. «Es war wichtig, dass ich Ruhe in das Pferd bekomme», erklärte Ehning: «Ich bin heute vom ersten bis zum letzten Sprung mit ihm zufrieden.» Er sei «sehr stolz» nach den Leistungen der Vortage, dass er ohne Fehler blieb.

Einen Abwurf kassierte Christian Kukuk als dritter Starter des Gastgeber-Teams. Dennoch war nach dem Ritt des 31-Jährigen aus Riesenbeck mit Mumbai bereits sicher, dass seine Mannschaft eine Medaille gewinnt. «Das ist so ein bisschen Erleichterung und ein klein wenig Enttäuschung, weil ich einen Fehler hatte, der auf meine Kappe geht», kommentiert der Reiter, der seit rund zehn Jahren für EM-Gastgeber Ludger Beerbaum in Riesenbeck arbeitet. «Aber mit der Medaille bin ich auf jeden Fall happy», sagte Kukuk.

Will kassiert Abwurf

Als David Will einritt, war Silber sicher. Aber der 33-Jährige aus dem hessischen Dagobertshausen wollte natürlich die Schweiz unter Druck setzen, die nur ganz knapp vor den Gastgebern lag. Mit seinem 13 Jahre alten Wallach C Vier kassierte Will aber einen Abwurf. «Es wäre eine bisschen mehr drin gewesen», kommentierte der Reiter.

Am Ende mussten die Deutschen auf Steve Guerdat warten und auf zwei Fehler des Schweizers hoffen, um noch Gold gewinnen zu können. Doch der Olympiasieger von London ritt mit Maddox mit vier Strafpunkten zu Gold mit seinem Team.

Von Michael Rossmann, dpa