Stabartist Bo Kanda: «Um die Medaille mitspringen»

Bo Kanda Lita Baehre möchte gern hoch hinaus, zieht aber auch einen tiefen Fall mit ins olympische Kalkül.

«Ich gehe vom Worst Case aus, aber auch vom besten Ergebnis», sagte der 22 Jahre alte Stabhochspringer vom TSV Bayer Leverkusen. «Ich versuche natürlich, um die Medaillen mitzuspringen. Sonst wäre ich nicht hier.» Die Qualifikationspflicht absolvierte er mit Bravour: Die Höhen 5,50, 5,65 und 5,75 Meter meisterte er souverän mit je einem Sprung. Das gelang nur noch dem US-Amerikaner Christopher Nilsen.

Dass der in Düsseldorf aufgewachsene Sohn einer deutschen Mutter und eines aus dem Kongo stammenden Vaters mehr nach oben schaut, ist keine Überheblichkeit. Denn bei der Weltmeisterschaft 2019 in Doha/Katar flog er immerhin auf den vierten Platz. Für viele Leichtathleten sind die Ausscheidungen eine mentale Ausnahmesituation, ein Mühsal. Lita Baehre hingegen nutzte die Nervenprobe und die Adrenalin-Ausschüttung: «Ich lasse mich von der Nervosität nicht runterdrücken. Ich nehme das eher mit und nutze es.»

In der Qualifikation hat er immerhin gegen den Top-Top-Favoriten Armand Duplantis einen kleinen Sieg gefeiert. Der schwedische Weltrekordler hatte einen Fehlversuch über 5,50 Meter, blieb ansonsten aber makellos. Auch von dem als «Mondo» verehrten Überflieger lässt sich Lita Baehre nicht einschüchtern. Auf die Frage, was Duplantis auszeichne, antwortete er lapidar: «Er springt hoch.» Vielleicht kann er mit dieser Einstellung am Dienstag (12.20 Uhr/MESZ) nach neun Jahren eine Stabhochsprung-Medaille für Deutschland bei Olympia holen. In London 2012 gewannen Björn Otto und Raphael Holzdeppe Silber und Bronze.

Zitterpartie bei Zernikel

Etwas zittern musste Oleg Zernikel aus Landau um den Finaleinzug. «Es war Glück pur», gestand der deutsche Meister. 5,65 Meter übersprang er, 5,75 Meter nicht mehr. «Die Sprünge über 5,75 waren super», meinte er, klagte aber über Gegenwind: «Ich bin wie gegen eine Wand gesprungen.»

Dass ihn die Aufregung vor seiner Olympia-Premiere limitiert habe, verneinte der 26-Jährige. «Ich bin locker reingegangen und habe mir keinen Kopf gemacht, denn ich habe schon alles erreicht. Was soll ich noch erreichen?», sagte Zernikel, der schon das Dabeisein als Erfüllung deklariert hatte. Ganz so stehen lassen wollte er diesen Satz aber nicht und fügte an: «Es kann aber vieles passieren. Man kann einen Nuller machen oder sechs Meter springen.»

Blech mit Schmerzen

Pech hatte hingegen Torben Blech. Der 26-jährige Leverkusener stand nach seiner verpatzten Qualifikation mit einer aufgerissenen Brandblase am Finger und vermutlich einer Knieprellung in den Katakomben. «Ich bin schon traurig und ein bisschen frustriert», räumte Blech ein, der nur die 5,30 Meter packte.

Schon beim Einspringen und dann bei seinem letzten Versuch sei er abgerutscht, habe sich am Knie verletzt und sich auch noch die Brandblase zugezogen. «Es lief nicht so, wie ich es mir gewünscht habe», resümierte der frühere Zehnkämpfer, der im Wettkampf durch seine Beeinträchtigungen einfach keinen runden Anlauf hinbekam.

Blech hatte noch im Winter konstante Sprünge über 5,80 Meter hinbekommen, im Sommer war das dann weg. «Ich bin immer noch am Anfang meiner Stabhochsprungkarriere», sagte Blech. Erstmal wolle er aber jetzt zum Arzt, um Hand und Knie versorgen zu lassen.

Von Andreas Schirmer und Martin Moravec, dpa