Manch einer rieb sich verwundert die Augen. 3:0 nach nicht einmal einer halben Stunde. Der SC Freiburg machte beim 3:2 (3:2) im Landesduell beim VfB Stuttgart dort weiter, wo er eine Woche zuvor beim sensationellen 2:1 gegen Borussia Dortmund aufgehört hatte.
Die badischen Blitzstarter sind eine der großen Überraschungen in dieser noch jungen Saison. Schon sieben Punkte nach nur drei Spieltagen. Nie zuvor hatten sie zu diesem Zeitpunkt einer Spielzeit in der Fußball-Bundesliga so viele Punkte wie jetzt. Nie zuvor hatten sie zweimal nacheinander beim VfB gewonnen. Entsprechend ausgiebig feierten die mitgereisten Fans ihre Freiburger Siegertypen.
Streichs Händchen
Christian Streich zum Beispiel. Der Trainer hatte wieder mal das richtige Händchen. Erst nach langem Hin und Her hätte er sich mit seinen Assistenten am Freitagabend auf eine Taktik für das Baden-Württemberg-Duell festgelegt, verriet er. Obwohl sie zum System der Stuttgarter «eigentlich nicht ganz passte», traten die Freiburger letztlich mit der gleichen Grundformation an wie bei ihrem Coup gegen den BVB – und mit einem prima aufgelegten Woo-yeong Jeong. «Zum Glück haben wir uns so entschieden», sagte Streich. «Sonst wäre der Woo-yeong vielleicht draußen gewesen, wenn man ehrlich ist.»
So aber war der Südkoreaner mittendrin und als Doppeltorschütze (3. und 9. Minute) sogar einer der Matchwinner. Erst traf er freistehend per Kopf, dann mit einem wuchtigen Schuss unter die Latte. «Er ist ein ganz toller Mensch», sagte Streich über Jeong. Genau wie vor der von Lucas Höler, der das dritte Tor des Sport-Clubs erzielte (28.), könne er vor der Leistung und Laufbereitschaft des 21-Jährigen «nur den Hut ziehen». Es war Jeongs erster Doppelpack in der Bundesliga und der früheste eines Freiburgers im Oberhaus überhaupt.
Jeong als Torjäger
Dabei war der Stürmer, der im Sommer 2020 aus der 2. Mannschaft des FC Bayern kam, zuvor gar nicht als Torjäger aufgefallen. Und vor der Saison musste er eine herbe Enttäuschung verdauen. Wochenlang hatte sich Jeong mit Südkoreas Auswahl auf die Olympischen Spiele in Tokio vorbereitet, doch dann wurde er kurzfristig noch aus dem Kader gestrichen. «Er hat das super weggesteckt», sagte Streich über den Offensivmann. Der selbst war nach seiner Galavorstellung vor 25.000 Zuschauern in der Stuttgarter Arena einfach nur glücklich.
Genau wie Nico Schlotterbeck. «Nach dem Debüt mit meinem Bruder zusammen ist das die beste Woche meiner Karriere», sagte Freiburgs Innenverteidiger bei Sky. Immerhin fiel in die neben den Siegen gegen Dortmund und den VfB auch noch seine erstmalige Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft. «Ich spiele in meiner Heimat in Stuttgart und der Lehrgang ist in Stuttgart – was Besseres gibt es kaum», sagte der 21 Jahre alte Waiblinger, der nach der Partie erst gar nicht mehr mit zurück in den Schwarzwald reiste.
Bundestrainer Flick auf der Tribüne
Nachdem sie den VfB in der ersten halben Stunde phasenweise überrannt hatten, mussten die Freiburger nach den Gegentoren durch Konstantinos Mavropanos (45.) und Hamadi Al Ghaddioui (45.+2) noch mal zittern. Auch dank Schlotterbeck überstanden sie vor den Augen des neuen Bundestrainers Hansi Flick auf der Tribüne die Stuttgarter Drangphase nach der Pause aber und verteidigten letztlich ihre knappe Führung.
«Ich kann rechnen», sagte Streich nach dem dritten Liga-Sieg seiner Mannschaft über den schwäbischen Rivalen nacheinander. «Ich weiß, wie viele Punkte wir noch brauchen um ein weiteres Jahr Bundesliga zu spielen.» Die Badener bleiben also auf dem Boden. Trotz ihres Traumstarts. Und trotz ihrer ganzen Siegertypen.