Süle-Aus: Lewandowski, Neuer und Müller «oben auf Agenda»

Nachdem Oliver Kahn das Ende von Niklas Süle beim FC Bayern verkündet hatte, ging der Münchner Vorstandschef ausführlich auf Vertragsfragen mit für ihn höchster Priorität ein.

«Ob es Manuel Neuer, ob es Robert Lewandowski, ob es Thomas Müller ist – es sind alles Größen dieses Vereins, alles Spieler, an denen man auch die Erfolge des letzten Jahrzehnts und die aktuellen Erfolge festmachen kann», sagte Kahn in München bei einer Video-Interviewrunde über prägende Figuren einer großen Bayern-Ära.

«Es versteht sich von selbst, dass wir mit all diesen Spielern in den Austausch gehen, um auch zu verstehen, was sie für Überlegungen haben und was sie wollen. Natürlich ist das auf unserer Agenda ganz oben in der nächsten Zeit», sagte der lässig in einem Stuhl vor einer roten Wand sitzende Kahn. Die Arbeitspapiere von Neuer (35), Müller (32) und dem erneut zum Weltfußballer gekürten Lewandowski (33) sind bis zum 30. Juni 2023 datiert.

Süles Vertrag läuft wie der von Corentin Tolisso in diesem Sommer aus. Auf eine Verlängerung habe man sich trotz Gesprächen über eine «sehr lange Zeit» nicht einigen können. Man habe dem Innenverteidiger ein «sehr gutes Angebot gemacht», sagte Kahn. «Aber wir müssen gewisse wirtschaftliche Grenzen einhalten.» Zuletzt wurde über ein Interesse des FC Barcelona, von Newcastle United und vom FC Chelsea an Süle spekuliert.

Ganz anders sind die Fälle der drei Vereinsheroen Neuer, Lewandowski und Müller gelagert. Nicht nur Ehrenpräsident Uli Hoeneß kann sich «die Jahre 2024 und 2025 ohne dieses Trio nicht vorstellen». Auch Kahn will zusammen mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic, dem er noch «eine lange Zeit» beim FC Bayern über dessen Vertragsende 2023 hinaus zutraut, die Zusammenarbeit mit der Oldie-Fraktion ausdehnen.

Bei Neuer soll Berichten zufolge eine Einigung über einen Vertrag bis 2025 bevorstehen, bei Club-Urgestein Müller ist nicht von schwierigen Verhandlungen auszugehen. Bleibt Lewandowski, dessen Kalkül auch die Zukunft von BVB-Star Erling Haaland beeinflussen könnte. «Ich werde jetzt nicht über Spieler anderer Vereine sprechen», sagte Kahn.

Priorität hat ohnehin Lewandowski. «Natürlich werden wir alles dran setzen, dass wir Robert möglichst lange noch bei uns halten können», sagte der 52 Jahre alte Vorstandschef, der vor einem halben Jahr die Nachfolge von Karl-Heinz Rummenigge an der Spitze der FC Bayern AG antrat. Lewandowski sei «ein absolutes Phänomen», sagte Kahn. Er sei jede Saison für 25, 30 oder wahrscheinlich noch mehr Tore gut und eine «Versicherung» für den FC Bayern. Und körperlich ist der Modellathlet aus Polen in perfekter Verfassung.

Zuletzt hatte der FC Bayern mehrere Verträge von Spielern aus der Generation Süle (26) verlängert. Nach den Vertragsverlängerungen mit Joshua Kimmich (26 Jahre/Vertrag bis 2025), Leon Goretzka (26/2026) und Kingsley Coman (25/2027) wird auch eine Ausdehnung der Zusammenarbeit mit Serge Gnabry (26) erwartet. Sein Vertrag läuft im Sommer 2023 aus. Bei Tolisso ist die Zukunft offen. «Es kann uns ja nichts Besseres passieren, als dass die Spieler Topleistungen bringen und sich dann auch immer wieder ins Spiel bringen», sagte der frühere Torwart-«Titan» Kahn.

Bei Süle reichte es nicht zu einer Einigung. Kahn bescheinigte dem Nationalspieler «solide, souveräne» Leistungen, zählte ihn «mit seinen Qualitäten zu den besten Innenverteidigern, die es im Moment gibt». Der Abwehrriese war im Sommer 2017 von der TSG 1899 Hoffenheim für rund 20 Millionen Euro zu den Münchnern gewechselt. Süle-Förderer Julian Nagelsmann, dem Kahn als neuem Bayern-Trainer «sensationelle» Arbeit bescheinigte, hätte sich über einen Verbleib des schon aus Hoffenheimer Tagen bekannten Profis gefreut.

Süle verlässt den Club im Sommer ablösefrei. Zuletzt hatten die Münchner schon für David Alaba, Jérôme Boateng und Javi Martínez keine Ablöse kassiert. Die Situation, dass Spieler die Clubs ablösefrei verließen, «hat der FC Bayern nicht exklusiv», verwies Kahn. Auf der anderen Seite könnten auch Profis ablösefrei an die Säbener Straße kommen. «Ich glaube, es ergeben sich für uns mehr Chancen als Risiken in der aktuellen Situation.»

Zuletzt wurde über Antonio Rüdiger und Andreas Christensen vom FC Chelsea oder Denis Zakaria von Borussia Mönchengladbach als mögliche Zugänge nach dem Süle-Abgang spekuliert. Alle drei Profis sind im Sommer ebenfalls ablösefrei.

Von Christian Kunz und Martin Moravec, dpa