Handball, Basketball und Eishockey kämpfen im Schatten des Fußballs um Aufmerksamkeit. Bei der ersten Weltmeisterschaft im November und Dezember haben sich die Rahmenbedingungen in diesen Wochen noch einmal drastisch verändert für die anderen Teamsportarten, aber auch für die beliebten Wintersport-Disziplinen. Wie wirkt sich das aus?
«Fußball sorgt für enorme Verdrängungseffekte», sagt der Medienwissenschaftler Christoph Bertling von der Kölner Sporthochschule. Die Zahlen des Vorjahres belegen das eindrucksvoll. In der Liste der am meisten gesehenen Sport-Übertragungen liegen 29 Fußball-Spiele vor der Vierschanzentournee, die besonders am Neujahrstag von ihrem einzigartigen Datum profitiert und 7,3 Millionen Menschen vor die Fernsehschirme lockte. Danach folgten wieder 16 Fußballspiele.
Ein großes Turnier im Winter verschärft das Problem anderer Sportarten aus Sicht der Medienwissenschaftlerin Jana Wiske. «Ein Ereignis wie die Fußball-WM dominiert vier Wochen lang die Berichterstattung», sagt die Professorin der Hochschule Ansbach. «Selbst nach dem Ausscheiden des deutschen Teams und Boykott-Bewegungen bleiben die TV-Quoten in einem Bereich, den andere Sportarten nur selten erreichen.»
Trotz eines drastischen Quoteneinbruchs mit einem Minus von rund 50 Prozent im Vergleich zur WM 2018 erreichten die Vorrundenspiele in Katar einen Durchschnitt von 4,802 Millionen Zuschauern. Zum Vergleich: Das Winter Game der DEL sahen beim frei empfangbaren ServusTV im Durchschnitt 70.000 Menschen. Oder: Der Saisonschnitt der Live-Übertragungen der Basketball-Bundesliga bei Sport1 liegt bei etwa 50.000 Zuschauern.
Für Hardcore-Fans «ist die Fußball-WM keine Konkurrenz»
Die Auswirkungen der Fußball-WM lassen sich bei der Übertragung des Spiels Frankfurt gegen Ulm erkennen, das bei Sport1 fast parallel zu zwei Vorrundenspielen in Katar lief. Gerade einmal 15.000 Zuschauer schauten zu. «Die Verlegung der WM in den Winter ist vor allem für Sportarten schwierig, die hier ihren medialen Platz gefunden haben», erläutert Medienexperte Bertling den Unterschied zu den Fußball-Turnieren im Sommer.
«Für Mannschaftssportarten wie Handball, Eishockey oder Basketball, die zum Teil tageszeitlich mit den Fußball-Spielen kollidieren, bedeutet diese Winter-WM weniger Sichtbarkeit, weil sich medial fast alles vier Wochen lang auf das Sport-Großereignis konzentriert», erklärt Wiske.
Anders sehen die Zahlen allerdings im Pay-TV aus, etwa bei der Telekom. Bei den Eishockey- und Basketball-Übertragungen beim Bezahlangebot MagentaSport gab es nach Angaben eines Sprechers während der WM «keine Auffälligkeiten». Für die Hardcore-Fans, die für ihre Sportart sogar ein Abonnement bezahlen, «ist die Fußball-WM keine Konkurrenz», sagt der Sprecher, ohne Zahlen zu nennen.
Ähnlich sieht die Situation bei der treuen Wintersport-Fangemeinde aus. Die Einschaltquoten bei ARD und ZDF sind besonders beim Biathlon konstant hoch. Beim zweiten Weltcup-Wochenende schauten bei den beiden Staffelrennen jeweils mehr als 3,5 Millionen Menschen zu – so viele wie bei anderen Rennen zu dieser Jahreszeit. Geholfen hat dem Wintersport, dass Verbände in Absprache mit den TV-Sendern dafür gesorgt haben, dass es fast keine zeitlichen Überschneidungen mit dem Fußball gibt.