Die Zahlen sind eindeutig. Beim Reitturnier in Prag ist das Preisgeld etwa 25 Mal höher als in Stuttgart. Dass ein Profireiter mit seinen besten Pferden lieber beim Play-off der Global Champions Tour reitet statt beim Weltcup-Turnier in der Hauptstadt Baden-Württembergs, verwundert kaum.
Bei Deutschlands größtem Hallenturnier sind in Hans-Dieter Dreher und Jana Wargers nur zwei aus dem zehnköpfigen deutschen A-Kader am Start, die meisten Topreiter satteln an diesem Wochenende in Prag.
«Das ist für die Reiter nicht so einfach», sagte Bundestrainer Otto Becker zur Auswahl der Turniere und zu den hohen Kosten eines Turnierstalls. «Die meisten haben auch Verpflichtungen», sagte der Coach zudem mit Verweis auf die Mannschaftswertung der Global Champions Tour. So mussten Daniel Deußer und Gerrit Nieberg laut Becker kurzfristig Stuttgart absagen und nach Prag reisen, um dort für ihre Teams in der Global Champions Tour zu starten.
Rekord-Preisgeld lockt
Bei den Teams der lukrativen Serie lockt ein Rekord-Preisgeld. Rund 11,31 Millionen Euro gibt es in Prag zu gewinnen, davon alleine 8,8 Millionen Euro in den drei Prüfungen der Mannschaftswertung. Andererseits: Wenn ein Team nicht genug Starter hat und nicht antritt, dann drohen nach Angaben der Reiter Strafzahlungen.
«Die Terminkollision ist für die Weltcup-Veranstaltung in Stuttgart unglücklich», kommentierte Dennis Peiler, Sportchef im deutschen Verband FN. «Der internationale Turnierkalender hat sich leider in den vergangenen Jahren so sehr gefüllt, dass sich Terminüberschneidungen fast gar nicht mehr vermeiden lassen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Veranstalter ihr Turnier an ihrem Wunschtermin ausrichten möchten.»
Davon betroffen ist das traditionsreiche Turnier in Stuttgart, wo es für die Springreiter insgesamt 436.200 Euro zu gewinnen gibt. Das ist natürlich auch viel Geld, aber im Vergleich bescheiden. In Prag gibt es alleine im Großen Preis mit 1,25 Millionen Euro deutlich mehr als das Doppelte zu verdienen.
Komplizierte Planung
An diesem Wochenende ist es besonders extrem. Aber die Terminkollision der Global Champions Tour als höchstdotierter Serie der Welt mit den klassischen Serien des Weltverbandes FEI, den Nationenpreisen und den Weltcups, macht die Planung für Reiter und Nationaltrainer grundsätzlich immer komplizierter. Vor allem im Sommer gab es viele Überschneidungen.
Die FEI hat beim Streit um die Termine längst aufgegeben. Die sogenannten «Leitlinien für Kollisionsregeln» lösen das Problem nicht. Aufgabe als internationaler
Dachverband sei es, sicherzustellen, «dass die verschiedenen Serien und Veranstaltungen unabhängig von ihren Eigentümern bei Einhaltung der geltenden Regeln gedeihen können», sagte eine Sprecherin des Weltverbandes dazu. Bei diesen Regeln müsse die FEI außerdem die «weltweite Kartellgesetzgebung berücksichtigen».
Reiter profitieren monetär
Die Reiter profitieren von der Konkurrenz der Serien. Es gibt insgesamt viel mehr Geld zu verdienen. Und es gibt eine deutlich größere Auswahl an Turnieren für die wachsende Zahl guter Reiter sowie den Nachwuchs. So kann der Bundestrainer beim Heim-Weltcup ein gutes Starterfeld nominieren und sagen: «Es wird in Stuttgart trotzdem tollen Sport geben.» Zudem gebe es den Dressur-Weltcup in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle und andere Wettbewerbe.
Turnierleiter Andreas Krieg sagte vor ein paar Tagen zur Terminkollision: «Es ist nicht so bedauerlich, wie ich es am Anfang befürchtet hatte.» Mit dem Starterfeld sei Stuttgart «wirklich gut aufgestellt», sagte er. Bevor mit Deußer und Nieberg zwei weitere Publikumslieblinge absagten und nach Prag reisten.