Tischtennis-Topfunktionär Weikert neuer DOSB-Präsident

Das starke Votum für den neuen Präsidenten Thomas Weikert ist ein erstes Zeichen von zuletzt verlorener Einigkeit im Deutschen Olympischen Sportbund.

Mit der überwältigenden Mehrheit von 361 zu 56 Stimmen setzte sich der 60 Jahre alte Jurist bei der DOSB-Mitgliederversammlung in Weimar gegen die deutsche Fechtpräsidentin Claudia Bokel durch. «Ich bin ein bisschen überwältigt. Jetzt packen wir es gemeinsam an und dann kommen wir auch voran», sagte er nach seinem Wahlerfolg.

Der frühere Tischtennis-Weltpräsident Weikert tritt die Nachfolge von Alfons Hörmann an der Spitze der Dachorganisation des Sports mit rund 27 Millionen Mitgliedern und 90.000 Vereinen an.

Anzug tragen, im Trikot denken

«Der dunkle Anzug muss fälschlicherweise oft als Entfremdung der Sportfunktionäre von der Basis herhalten. Das will ich ändern», sagte Weikert bei seiner Vorstellungsrede. Er wolle Mannschaftskapitän eines starken Teams mit Transparenz, Offenheit und vielen richtigen Weichenstellungen sein: «Geben Sie mir und uns die Chance zu beweisen, dass wir oft Anzug tragen, aber immer Trikot denken.»

Der Familienanwalt aus dem hessischen Limburg an der Lahn gilt als Mann des Ausgleichs, der «einvernehmliche Lösungen» sucht und damit möglicherweise die Idealbesetzung für den Topjob ist. «Das ist mein Stil, das war so im Deutschen Tischtennis-Bund, so ist es im Weltverband ITTF gewesen, aber auch im sonstigen Leben», sagte Weikert.

Der umstrittene Hörmann hatte die Konsequenz aus der Affäre um einen anonymen Mitarbeiterbrief gezogen und nach acht Jahren im Amt auf eine Kandidatur verzichtet. In dem Brief wurde ihm und der DOSB-Führung vorgehalten, eine «Kultur der Angst» im Haus des Sports in Frankfurt/Main geschaffen zu haben.

Verschärft wurde die Krise durch anwaltliche Drohbriefe im Auftrag von ihm und der Vorstandschefin Veronika Rücker an das Ex-Vorstandsmitglied Karin Fehres. Sie wurde als Urheberin des anonymen Schreibens verdächtigt und mit Strafanzeige sowie Zivilklage bedroht. Fehres wies die Vorwürfe entschieden zurück.

Hörmann nicht in Weimar anwesend

Der Wirtschaftsmanager Hörmann war wegen der Folgen einer Corona-Infektion auf ärztliches Anraten nicht nach Weimar gereist, schürte im Interview mit der «Allgäuer Zeitung» aber weiter seine Theorie, Opfer einer Intrige geworden zu sein. Umfangreiche Hinweise würden belegen, «dass es sich um einen ganz gezielten Umsturz an der gesamten Spitze des DOSB handele», sagte er.

Als ehrenamtliche Nummer eins im DOSB wird Weikert alle Hände voll zu haben. Frieden, Ruhe und Vertrauen im Dachverband zu schaffen, dürfte an erster Stelle stehen. Gefragt sind ein kluges Corona-Management, die Reparatur der Beziehung zum Internationalen Olympischen Komitee, Korrekturen am Spitzensportsystem – auch im Dialog mit der neuen Bundesregierung über die im Koalitionsvertrag fixierten Sportthemen.

Dabei will er den DOSB nicht zum Spielball der Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen werden lassen. «Dass der Sport mit seinen präventiven Kräften in der Corona-Krise in Berlin eine untergeordnete Rolle spielt, ist nicht zu verstehen», sagte Weikert und kritisierte, dass im Koalitionsvertrag der Sport erst ab Seite 113 zu finden ist: «Wird das der Bedeutung des Sports gerecht? Ich denke nicht.»

Claudia Bokel, seit 2016 Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes, verzichtete auf die Präsenz in Weimar und ließ sich nur digital zuschalten. Die Entscheidung, sich nicht persönlich zu präsentieren, auf jeglichen Wahlkampf zu verzichten, erst Weikert öffentlich Unterstützung zuzusagen und dann selbst zu kandidieren, dürften der früheren Degen-Weltmeisterin viele Sympathien und Stimmen gekostet haben. Außerdem fehlte in ihrer Rede das, was die von Weikert auszeichnete: Konkrete, praxisorientierte Ideen und Ansätze für eine Neuaufstellung der größten Bürgerbewegung des Landes.

Einer, der als Kandidat gekürt wurde, aber zuvor nicht Präsident werden wollte, ist ebenfalls in die DOSB-Führungscrew gewählt worden: Stephan Mayer. Der CSU-Politiker ist nun einer von fünf Vizepräsidenten. Bedenken gab es, ob ein scheidender Parlamentarischer Staatssekretär, der für den Sport zuständig war, sofort ein Spitzenamt im DOSB annehmen könne. Auch Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte gehört nun dem komplett neuen Präsidium an. Sie erhielt 377 Stimmen und damit das beste Ergebnis.

Von Andreas Schirmer, dpa